July 27, 2024

Ein Autorowdy, der in Winterthur eine Kantonspolizistin schwer verletzt hat, ist zu 16 Jahren verurteilt worden. Die Strafe wird in einer psychiatrischen Klinik vollzogen. 

Die Staatsanwältin klagte den 24-Jährigen wegen mehrfachen versuchten Mordes und weiterer Delikte an.Der damals 20-Jährige hatte eine Strassensperre durchbrochen und eine Polizistin schwer verletzt.Laut Anklageschrift flog sie mehrere Meter durch die Luft und prallte auf den Asphalt.

Darum gehts 

  • Ein 24-Jähriger ist wegen mehrfachen versuchten Mordes angeklagt. Er hat eine Polizistin gerammt.

  • Das Bezirksgericht Winterthur hat den Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren und drei Monaten verurteilt, aufgeschoben zugunsten einer stationären Massnahme. 

  • Der Mann wehrt sich gegen den Klinikaufenthalt und will eine Massnahme für junge Erwachsene, um eine Malerlehre zu machen. 

  • Das Obergericht folgte mehrheitlich der Vorinstanz und verurteilte ihn zu 16 Jahren. 

Der heute 24-jährige Schweizer hat im Oktober 2019 in Winterthur eine Kantonspolizistin mit einem gestohlenen BMW fast zu Tode gefahren. Polizisten mit gezogenen Pistolen hatten ihn an einer Strassensperre aufgefordert, aus dem Wagen zu steigen. Der junge Mann scherte aber aus der Autokolonne aus, fuhr über das Trottoir und durchbrach die Strassensperre.

Eine Kantonspolizistin konnte sich mit einem Sprung zur Seite retten, eine zweite Kollegin wurde vom Auto erfasst, flog mehrere Meter durch die Luft und prallte auf den Asphalt. Sie wurde lebensgefährlich verletzt und war nach dem Unfall während zehn Monaten vollständig arbeitsunfähig. Später hat der Beschuldigte auf der Fluchtfahrt in Waltenstein bei Elgg noch zwei weitere Polizeiwagen gerammt, bevor er verhaftet werden konnte.

Paranoide Schizophrenie wegen intensiven Kiffens

Das Bezirksgericht Winterthur hat den Mann 2022 wegen mehrfachen versuchten Mordes, mehrfacher Gefährdung des Lebens und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zugunsten einer stationären therapeutische Massnahme in der Klinik Rheinau aufgeschoben (sogenannte Kleine Verwahrung). Der Beschuldigte leidet unter einer paranoiden Schizophrenie, verursacht durch langjährigen und intensiven Cannabiskonsum. Er habe täglich bis zu zehn Joints geraucht, hat er am Prozess in Winterthur gesagt. Gegen das Urteil erhob der 24-Jährige Berufung ans Obergericht, wo es heute, Donnerstag, zum Prozess kam.

An der Verhandlung machte der Beschuldigte keine Aussagen zur Tat, nur zu seiner Person. Er befindet sich in der Klinik Rheinau und wird medikamentös behandelt. Sein Therapiebericht ist positiv, er hat erfreuliche Fortschritte gemacht. Deshalb hat er Vollzugslockerungen erhalten und kann täglich zweimal zwei Stunden in dem Gemeindegebiet Rheinau verbringen und einmal in der Woche einen Tagesausflug machen. «Ich möchte eine Massnahme für junge Erwachsene», sagte er. Dann könnte er eine Lehre als Maler machen, was in der psychiatrischen Klinik nicht möglich sei. Der Beschuldigte arbeitet momentan in der Velowerkstatt in der Klinik. 

«Er ist in Panik geraten»

Gefragt auf seine Zukunftspläne, sagte er: «Ein cooles Auto, Haus und Job.» Er ist vierfach vorbestraft, davon zweimal wegen Hausfriedensbruchs im Zusammenhang mit Stalking einer jungen Frau, die er 2018 im Internet kennen gelernt hat. Der Psychiater hat im Gutachten von einem Liebeswahn geschrieben, der mehrere Aufenthalte in der Klinik zur Folge hatte.

Seine Anwältin verlangte eine Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung und nicht wegen versuchten Mordes. «Er ist in Panik geraten, als er die bewaffneten Polizisten sah, und ist aus der Autokolonne ausgeschert», begründete sie. Ihr Mandant sei zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu verurteilen, die er in einem Massnahmenzentrum für junge Erwachsene verbüssen soll. Er habe in der psychiatrischen Klinik gute Fortschritte gemacht, das Massnahmenzentrum wäre nun der nächste logische Schritt. 

«Tod der Polizistinnen in Kauf genommen»

Demgegenüber plädierte die Staatsanwältin für die Bestätigung des Urteils der Vorinstanz. «Sein Durchhaltevermögen ist noch defizitär.» Die stationäre therapeutische Massnahme in der Rheinau sei dringend notwendig, dort würde er die medizinische Betreuung erhalten, welche er in einem Massnahmenzentrum nicht bekomme. 

Das Obergericht bestätigte mehrheitlich das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur, reduzierte die Strafe aber um drei Monate auf 16 Jahre. Die Freiheitsstrafe wird zugunsten einer therapeutischen Massnahme aufgeschoben, er bleibt also weiterhin in der Klinik Rheinau. «Sie haben mit Ihrem rücksichtslosen Fahrmanöver den Tod der beiden Polizistinnen in Kauf genommen», sagte der vorsitzende Richter. Für das Gericht war es keine Kurzschlussreaktion, sondern versuchter Mord. «Sie haben das Auto als Waffe eingesetzt, um sich der Verhaftung zu entziehen», sagte der Richter. 

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