July 27, 2024

Um Solidarität mit dem verletzten jüdischen Mann vom Angriff vom letzten Wochenende zu zeigen, kamen am Sonntag rund 700 Muslime und Juden zusammen. Sie bildeten eine Menschenkette.

Darum gehts

  • Auf dem Lindenhof in Zürich bildeten am Sonntagnachmittag rund 700 Personen eine Menschenkette.

  • Eine jüdisch-muslimische Aktionsgruppe rief zur Zusammenkunft auf.

  • Dies, um nach dem Angriff auf einen jüdischen Mann im Kreis 2 vom letzten Wochenende Solidarität und Zusammenhalt zu zeigen.

Vor einer Woche hat ein 15-Jähriger im Zürcher Kreis 2 mehrfach auf einen 50-jährigen orthodoxen Juden eingestochen. Der radikalisierte Jugendliche wollte möglichst viele Jüdinnen und Juden töten. Die antisemitische Attacke erschütterte die Schweiz. Deshalb haben sich Musliminnen und Muslime sowie Jüdinnen und Juden am Sonntagnachmittag auf dem Lindenhof in Zürich getroffen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

Rund 700 Besucher sind gekommen, um eine Menschenkette zu bilden und eine Schweigeminute abzuhalten. Diese galt dem verletzten Zürcher, aber auch allen Opfern und Geiseln in Israel und im Gazastreifen.

Immerhin: Das Opfer der Messerattacke sei definitiv über dem Berg und werde voraussichtlich Ende Woche aus dem Spital entlassen, informierte ein Redner an der Veranstaltung.

«Niemand soll Angst haben wegen seiner Religion»

Die Idee für die Aktion hatte die Zürcher Dialoggruppe «Gemeinsam Einsam», die aus Muslimen und Juden besteht und sich seit Oktober regelmässig zum Austausch trifft.

Co-Organisatorin Adina Rom brachte Muslime und Juden auf dem Lindenhof zusammen.

«Niemand soll Angst haben, wegen seiner Religion oder seiner Identität in Zürich angegriffen zu werden», sagt Co-Organisatorin Adina Rom in einer Ansprache. «Anschliessend an die Attacke bin ich aber auch erschrocken, was es für antimuslimische Reaktionen auf den Anschlag gab. Das kennen wir Juden ja gut, wenn jemand jüdisches etwas macht und wir dann alle dafür verantwortlich gemacht werden.»

«Ich bin erschrocken, wie viele antimuslimische Reaktionen es auf den Anschlag gab. Wir Juden kennen das ja auch gut, dass wir alle verantwortlich gemacht werden.»

Minderheiten solidarisieren sich mit Minderheiten

Unterstützt wurde die Kundgebung auch von der Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz (FIDS) und der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG).

Am 10. März 2024 treffen sich viele jüdische und muslimische Menschen um zusammen gegen Hass und Gewalt einzustehen. Im Bild: Önder Günes

Önder Günes, Präsident der FIDS, sagte im Vorfeld der Veranstaltung, es sei eine gemeinsame Verantwortung, gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung einzutreten. «Wir sitzen im gleichen Boot. Wir identifizieren uns mit der jüdischen Minderheit, da wir auch zu einer Minderheit in der Schweiz gehören.»

«Wir sitzen im gleichen Boot.»

Man wolle zusammenstehen, sagte er an der Solidaritätsaktion auf dem Lindenhof: «In einer freiheitlichen Gesellschaft sollen alle frei, sichtbar und sicher ihre Religion ausüben können. Als Minderheiten beschützen wir uns gegenseitig.»

Die Idee ist geboren aus einer Gruppe von Freuden, Muslimen und Juden, die sehr betroffen war ob der Messerattacke von letzter Woche. «Wir wollten ein Zeichen setzen gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus», sagt Gemeinsam-Einsam-Mitglied Omar Kassab (37). Seine jüdische Kollegin Dina Pomeranz (47) pflichtet ihm bei: «Leider habe ich den Eindruck, dass beides sehr zugenommen hat. Vielleicht getrauen sich die Leute auch einfach mehr, es zu sagen, jedenfalls erleben wir es mehr.» Kassab: «Sowohl Antisemitismus als auch antimuslimischer Rassismus sind leider salonfähiger geworden und dagegen wollen wir einstehen.»

Umarmung als Zeichen der Einigkeit

Die Zürcherin Timrah Schmutz (32) kommt aus einer isreaelisch-jüdischen Familie mit arabischem Hintergrund und ist in verschiedenen Friedens- und Dialoggruppen aktiv. Sie wollte auf dem Lindenhof ein politisches Zeichen setzen und umarmte ihre muslimische Freundin Pinar Kassab (32). 

Die Jüdin Timrah Schmutz (32) umarmte ihre muslimische Freundin Pinar Kassab (32) und sagte: «Jüdische und muslimische Menschen lassen sich nicht spalten!»

«Jüdische und muslimische Menschen lassen sich nicht spalten», sagte sie in einer Ansprache und erntete dafür viel Applaus. Den dschihadistisch motivierten Messerangriff verurteilten beide Frauen scharf. «Die Gewalt im Nahen Osten wird von politischen Kräften für ihre fremdenfeindlichen und diskriminierenden Agendas genutzt», sagt Schmutz. Das sei zu verurteilen.

«Für mich als Jüdin ist klar, dass muslimische oder arabische Menschen nicht unter Generalverdacht gestellt werden dürfen. Das ist unmoralisch und falsch», so Schmutz. Pauschalisierungen seien kontraproduktiv. Stattdessen müsste genau hingeschaut, negative Trends erkannt und präventiv gearbeitet werden, fordert sie. «Extremistische und menschenverachtende Tendenzen sollten benannt werden – sowohl auf muslimischer wie auch auf jüdischer Seite.»

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