July 27, 2024

Ein VW-Polo- und ein Mercedes-Fahrer sollen sich auf dem Bürkliplatz ein Rennen geliefert haben. Jetzt muss ein Obergutachten den Sachverhalt klären.

Fand beim Bürkliplatz ein Rennen zwischen einem Mercedes und einem VW statt? (Symbolbild).Kurz vor der Quaibrücke touchierte der Mercedes den VW Polo und drehte um 180 Grad. Der beschuldigte VW-Polo-Fahrer vor dem Zürcher Obergericht. 

Darum gehts

  • Ein 26-jähriger VW-Polo-GTI-Fahrer soll sich auf dem Zürcher Bürkliplatz mit einem AMG-Mercedes-Fahrer  ein Rennen geliefert haben. 

  • Die beiden Lenker fuhren laut Verkehrsexperten Geschwindigkeiten von bis zu 95 km/h.

  • Der 26-jährige Schweizer ist einschlägig vorbestraft. Er wehrt sich gegen das Urteil der Vorinstanz mit  einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten. 

  • Das Obergericht hat noch kein Urteil gefällt und ein Obergutachten bezüglich der Geschwindigkeit in Auftrag gegeben. 

Ein heute 26-jähriger Logistiker und ein 22-jähriger Bankangestellter haben sich laut Anklage in der frühen Morgenstunden im Oktober 2020 ein Rennen am Bürkliplatz in der Zürcher Innenstadt geliefert. Die beiden Männer, die sich nicht kannten, kamen mit ihren PS-starken Autos von der Talstrasse und mussten am Rotlichtsignal vor dem Bürkliplatz warten. Als das Signal auf Grün wechselte, beschleunigte zuerst der Logistiker auf der rechten Spur seinen VW Polo GTI, gefolgt vom Bankangestellten mit dem Mercedes Benz AMG auf der linken Spur. Beide gaben Gas und lieferten sich laut Anklage auf den rund 150 Metern bis zum Fussgängerstreifen vor der Quaibrücke ein kurzes Rennen. Dort kam es zu einer Streifkollision, verursacht durch den Mercedes-Fahrer, dessen Wagen sich dabei um 180 Grad drehte. Es war einzig dem Zufall zu verdanken, dass die beiden Lenker und die insgesamt fünf Insassen nicht verletzt wurden.

Das Bezirksgericht Zürich hat im Januar 2023 den 26-jährigen VW-Polo-Fahrer wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Auf den Widerruf einer einschlägigen Vorstrafe von 14 Monaten verzichtete das Gericht. Der 22-jährige Mercedes-Fahrer ist geständig und im abgekürzten Verfahren mit 16 Monaten bedingt bestraft worden.

«Zügig gefahren, aber kein Rennen»

Gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich erhoben sowohl der VW-Polo-Lenker als auch der Staatsanwalt Berufung. Am Prozess vor dem Obergericht vom Donnerstag bestritt der 26-jährige Schweizer, ein Rennen gefahren zu sein. «Ich war zügig gefahren, maximal 70 Kilometer pro Stunde.» Laut dem verkehrstechnischen Gutachten des Forensischen Instituts Zürich (FOR) hat er eine Spitzengeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern erreicht, sein Kontrahent im Mercedes gar 95.

Sein Verteidiger verlangte für den Beschuldigten lediglich eine Busse wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit. Eine unbedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten wäre für seinen Mandanten eine Katastrophe. Er würde seinen Job verlieren, zudem leide er noch immer psychisch unter den Folgen des Verfahrens und dem Unfall. «Mein Mandant  wurde vom Mercedes-Fahrer buchstäblich abgeschossen, als dieser ihn überholt hat», sagte der Anwalt. Der Beschuldigte hätte mit seinem VW Polo bei einem Rennen auch keine Chance gegen den bedeutend stärkeren Mercedes Benz AMG gehabt. Der Anwalt kritisiert das Gutachten des FOR und verlangte ein neutrales Obergutachten bezüglich der Höchstgeschwindigkeit. Denn ein von der Verteidigung eingereichtes Privatgutachten bei einem Ingenieurbüro wies beim FOR-Gutachten Unklarheiten und Unstimmigkeiten auf.

«Er hat nichts gelernt»

Der Staatsanwalt forderte den Widerruf einer bedingt ausgesprochenen Vorstrafe von 14 Monaten und verlangte eine Gesamtstrafe von 36 Monaten. Davon soll der Beschuldigte zwölf Monate absitzen. «Er hat gewollt ein Rennen gemacht und versucht, den Mercedes-Fahrer abzuhängen.» Er sei zehn Tage nach der Verurteilung wegen eines Raserdelikts im Kanton Aargau erneut  straffällig geworden. «Er hat nichts gelernt», sagte der Staatsanwalt. 

Das Obergericht fällte noch kein Urteil. Das Privatgutachten habe Zweifel am Gutachten des Forensischen Instituts (FOR) geweckt. Aus diesem Grund soll ein vom Gericht beauftragtes Obergutachten Abhilfe bezüglich der Geschwindigkeit schaffen. Der Prozess wird deshalb unterbrochen und dann schriftlich weitergeführt.

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