May 19, 2024

Anne (36) wohnte in der ABZ-Genossenschaft im Kreis 4 zur Untermiete. Als sie sich danach für die Wohnung bewirbt, erhält sie einen überraschenden Negativbescheid.

Anne (36) und ihre Tochter wurden Ende September von der Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) auf die Strasse gestellt. Vorübergehend kommen sie bei einer Kollegin in der Stadt unter. «Wenn sich aber nichts ändert, muss ich zurück nach Biel, wo meine Eltern wohnen», sagt Anne.«Da es sich um einen befristeten Mietvertrag handelt, ist die Wohnung für Familien nicht geeignet», begründet eine ABZ-Mitarbeiterin den Entscheid. Es gehe darum, dass man nicht wolle, dass ein Kind nach kurzer Zeit aus der Schule, der Kita oder einer anderen Fremdbetreuung genommen werde.

Darum gehts

  • Anne (36) und ihre Tochter wohnten zur Untermiete in einer Wohnung der ABZ-Genossenschaft im Kreis 4. 

  • Sie musste die Wohnung verlassen, obwohl sie sich mit Empfehlung des Vormieters für die Wohnung bewarb.

  • Nun wohnt ein Eishockeyspieler mit seiner Freundin in der Wohnung. 

Die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) hat Anne (36) und ihre Tochter Ende September auf die Strasse gestellt. Vorübergehend kommen sie bei einer Kollegin in der Stadt unter. «Wenn sich aber nichts ändert, muss ich zurück nach Biel, wo meine Eltern wohnen», sagt Anne. Sie wohnte ein Jahr lang zur Untermiete in der ABZ-Siedlung Kanzlei im Kreis 4. Als sie sich – mit Empfehlung vom Vormieter – für die Wohnung bewirbt, erhält sie allerdings einen Negativbescheid.

«Da es sich um einen befristeten Mietvertrag handelt, ist die Wohnung für Familien nicht geeignet», begründet eine ABZ-Mitarbeiterin den Entscheid. Es gehe darum, dass man nicht wolle, dass ein Kind nach kurzer Zeit aus der Schule, der Kita oder einer anderen Fremdbetreuung genommen werde. «Es werden mindestens zwei Personen vorausgesetzt, Familien können wir keine berücksichtigen», so die ABZ. Doch auch eine WG-Lösung mit einer Kollegin wird von der ABZ abgelehnt: «Wir halten an unserem Entscheid fest. Wir bedauern, Ihnen diese Wohnung nicht vermieten zu können.» Nun wohnt ein junger Zürcher Eishockeyspieler mit seiner Freundin in der Wohnung.

«Die unfairste Situation»

Anne ist konsterniert: «Meine Tochter ist in Zollikon angemeldet und geht dort in den Kindergarten, das Argument der ABZ zieht also nicht. Zudem: Ist es für das Kind besser, wenn ihre Mutter nun ohne Obdach ist?» Wieso sie die Wohnung nicht erhalten hat, könne sie nicht nachvollziehen: «Ich bin eine rücksichtsvolle Mieterin – ich habe die Miete immer rechtzeitig bezahlt, ich mache keinen Lärm und veranstalte keine Partys.» Es sei die unfairste Situation, in der sie sich je befunden hätte, sagt Anne. 

Ihre Tochter habe sehr gerne in der Siedlung gewohnt und auf dem Spielplatz im Hof herumgetobt. Auf den Auszug habe sie sehr traurig reagiert: «Sie hat tagelang geweint, sie hing sehr an der Wohnung und ihrem Kinderzimmer.» Wie es jetzt weitergeht, wisse sie nicht, so Anne. «Ich hoffe, dass wir im Kreis 3 oder 4 – in der Nähe von meiner Arbeitsstelle – bald wieder eine günstige Wohnung finden, sonst muss ich zurück nach Biel.» 

ABZ verweist auf Reglement

Die ABZ weist auf Anfrage darauf hin, dass der Mietvertrag durch den Hauptmieter gekündigt und somit auch der Untermietvertrag nichtig wurde. «Aus Kulanz haben wir die Mietdauer um sechs Monate verlängert, damit sie Zeit hatte, eine dauerhafte Anschlusslösung zu finden», sagt Sprecher Martin Müller. «Die ABZ ist aber nicht verpflichtet, die Wohnung an eine vorgeschlagene Person weiterzuvermieten.»

Man distanziere sich aber von der Aussage, die Mieterin auf die Strasse gestellt zu haben, sagt Müller. Seine Kolleginnen und Kollegen in der Vermietung hätten sich an Reglemente zu halten. «In diesem Fall kam ein Reglement zur Anwendung, welches die Vermietung bei Ersatzneubauten regelt», so Müller. 

Das sagt der Mieterverband

Er könne das Vorgehen der ABZ zwar nachvollziehen, hätte sich aber eine Lösung gewünscht, die der besonderen Situation der Untermieterin mehr Rechnung trägt, sagt Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich (MVZH). «Ich gehe davon aus, dass die ABZ die Wohnungen nur noch an sehr flexible Personen vermieten will – zum Beispiel Studierende. Im konkreten Fall wäre es durchaus sinnvoll gewesen, der Untermieterin den Verbleib in der Wohnung bis Baubeginn zu ermöglichen.»

Unpassend sei der Hinweis, mit der Verweigerung eines befristeten Mietvertrags die Interessen des Kindes schützen zu wollen. Es sei bekannt, dass Alleinerziehende sehr grosse Schwierigkeiten hätten, eine bezahlbare Wohnung in Zürich zu finden, sagt Angst. «Dass die Mutter in Kürze eine bezahlbare Wohnung für sich und das von ihr Teilzeit betreute Kind findet, ist sehr unwahrscheinlich.»

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