July 27, 2024

Die Bundesbank warnt vor Risiken der gestiegenen Zinsen trotz steigender Bankgewinne.wirtschaft

Die Zinswende beschert vielen Geldhäusern steigende Gewinne. Doch die Institute sollten Risiken der rasant gestiegenen Zinsen nicht unterschätzen, mahnt die deutsche Bundesbank.

Die negativen Auswirkungen der rasant gestiegenen Zinsen könnten Deutschlands Banken nach Einschätzung der Bundesbank noch zu schaffen machen. Insgesamt wäre es verfrüht, Entwarnung zu geben, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch am Donnerstag in Frankfurt. Denn die Effekte der gestiegenen Zinsen seien noch nicht vollständig eingetreten.

«Zum einen sind erhöhte Konjunkturrisiken an den Finanzmärkten bisher kaum eingepreist», führte Buch aus, die zum 1. Januar 2024 zur Europäischen Zentralbank (EZB) wechseln und dort oberste Bankenaufseherin werden wird. «Angesichts hoher makroökonomischer Unsicherheit besteht ein erhöhtes Risiko von Korrekturen der Marktpreise und entsprechenden Verlusten.»

Zum anderen dürften die Zinsaufwendungen der Banken steigen und somit das zuletzt deutlich gestiegene Zinsergebnis wieder zurückgehen. Viele Geldhäuser profitieren davon, dass die EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Leitzinsen im Euroraum angehoben hat, weil sie zum Beispiel an höheren Kreditzinsen verdienen und selbst wieder Zinsen bekommen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

Simulation zeigt: Gewinne könnten schrumpfen

Allerdings zeigen Simulationen der Bundesbank: Hätten die Banken höhere Zinsen ähnlich schnell wie in der Vergangenheit an Sparerinnen und Sparer weitergegeben, wäre der Zinsüberschuss in diesem Jahr um 29 Milliarden Euro und damit um ein Drittel niedriger ausgefallen.

«Gleichzeitig wird es schwieriger, steigende Zinskosten über höher verzinste Neukredite auszugleichen», erläuterte Buch. Viele Banken haben langlaufende Kredite mit verhältnismässig niedriger Verzinsung in ihren Büchern, die Nachfrage nach neuen Finanzierungen war in den vergangenen Monaten schwach.

Auf dem Immobilienmarkt hat die Zinswende zu fallenden Preisen geführt. «Kurzfristig sehen wir insbesondere Risiken aus dem Gewerbeimmobiliensektor», sagte Buch. «Risiken aus der Finanzierung von Wohnimmobilien sind noch begrenzt, sollten aber im Fokus von Instituten und Aufsicht bleiben.»

Klimaneutralität erhöht Kreditrisiko

Zudem dürfte der Umbau der Wirtschaft zu mehr Klimaneutralität nach Einschätzung der Bundesbank die Gefahr erhöhen, dass Kredite nicht mehr bedient werden. Der anstehende Strukturwandel bedeute auch «mehr Insolvenzen und steigende Kreditrisiken», führte Buch aus.

Bisher habe das deutsche Finanzsystem den Zinsanstieg gut verkraftet. Die Banken sollten nach Dafürhalten der Bundesbank ihre zuletzt gestiegenen Gewinne aber dazu nutzen, ihre Widerstandsfähigkeit für Stressphasen zu stärken.