Staatsanwältin Fani Willis steht wegen möglicher Befangenheit durch eine Affäre unter Druck. Die Anschuldigungen könnten den Prozess gegen Trump verzögern.
Sie ist eine zentrale Figur in einem der vier laufenden Strafrechtsverfahren gegen Donald Trump – Fani Willis, die Bezirksstaatsanwältin von Fulton County im US-Staat Georgia. Hartnäckig und offenbar unerschrocken trotz hässlicher Trump-Tiraden hat sie den Ex-Präsidenten und eine Reihe anderer angeklagt, im Zusammenhang mit angeblichen Versuchen, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 in ihrem Bundesstaat zu kippen. (Lesen Sie hier mehr über Anklage Nummer vier gegen Trump)
Damit ist Willis über die USA hinaus ins Rampenlicht gerückt. Nun gerät sie erneut in die Schlagzeilen – und die haben womöglich Auswirkungen auf den geplanten Prozess gegen Trump und die diversen Mitangeklagten. Experten halten zumindest Verzögerungen für möglich, was Trump angesichts seiner Bewerbung um die US-Präsidentschaft nur zu gelegen käme.
Es geht um den Vorwurf einer unangemessenen Liebesbeziehung zwischen Willis und jenem Staatsanwalt, den sie als Leiter der Anklagevertretung im Verfahren gegen Trump & Co. angeheuert hat – Nathan Wade. Sie verteidigt seine Berufung, obwohl er nur über geringe Erfahrungen im Gerichtssaal verfügt, bestreitet die Beziehung aber nicht direkt.
Die Vorwürfe kamen erstmals hinter verschlossenen Türen im Rahmen des Scheidungsprozesses von Wade und seiner Noch-Ehefrau Jocelyn auf. An die Öffentlichkeit gerieten sie durch die Rechtsanwältin Ashleigh Merchant. Diese vertritt Michael Roman, einen ehemaligen Trump-Mitarbeiter und Mitangeklagten im Trump-Prozess.
Roman wird vorgeworfen, die Beeinflussung von Politikern und öffentliche Aktionen in Georgia koordiniert zu haben, um Joe Bidens Wahlsieg zu diskreditieren.
Im Namen ihres Mandanten stellte Merchant einen gerichtlichen Antrag, den die Vorwürfe gegen Willis und Wade beinhaltete. Darin heisst es, dass Willis von dem überaus grosszügigen Gehalt profitierte, das sie Wade zahlt, indem sie mehrere Male Urlaub mit ihm machte, für den er aufkam. Die Anwältin will, dass die Anklage gegen Roman fallengelassen und dass Willis sowie Wade der Rechtsfall – also das Trump-Verfahren – entzogen wird.
Willis, eine Demokratin, hat bislang keinerlei Anstalten gemacht, sich freiwillig aus dem Verfahren zurückzuziehen. Aber der zuständige Richter in Fulton County, Scott McAfee, der über Merchants Antrag entscheidet, hat die Befugnis, sie dazu zu zwingen, sollte er es für richtig halten. Tatsächlich hatte ein anderer Richter ihr und ihrem Büro bereits zuvor in einem getrennten Fall die Strafverfolgung eines republikanischen Politikers in Georgia wegen «Interessenkonflikten» entzogen, weil sie an einer Spendensammel-Veranstaltung für den demokratischen Opponenten des Betroffenen teilgenommen hatte.
Sollte Richter McAfee diesem Beispiel folgen, könnte der Staatsanwälte-Rat von Georgia als zuständiges Gremium eine andere Person mit der Anklagevertretung im Mammutverfahren um die Wahl 2020 beauftragen.
Aber es wäre vielleicht nicht leicht, jemanden zu finden, der oder die bereit und in der Lage ist, einen derartig umfassenden Fall zu übernehmen, wie der frühere Bezirksstaatsanwalt von Gwinnett County, Danny Porter, meint. Es gebe in Georgia nur ein paar Staatsanwälte, deren Büros die nötigen Ressourcen für eine solche Aufgabe hätten.
Würde Willis freiwillig beiseite treten – und damit wahrscheinlich ihr gesamtes Büro, wie Porter sagt -, müsste ebenfalls der Staatsanwälte-Rat einen Ersatz finden. Anwalt Norm Eisen, der seinerzeit Präsident Barack Obama als Berater in Ethikfragen diente, glaubt, dass es keinerlei rechtliche Basis in Georgia für eine Disqualifizierung von Willis oder Wade gebe. Aber er empfiehlt, dass Wade sich aus freien Stücken aus dem Fall zurückzieht, weil die aufgekommenen Fragen zu einer Ablenkung von den «überwältigenden Beweisen» geworden seien, «die die Entscheidung rechtfertigen, Herrn Trump und seinen Mitverschwörern den Prozess zu machen».
Impeachment gegen Willis gefordert
Einige Parlamentarier haben ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Willis vorgeschlagen. Eine Idee, die Trump bereits im vergangenen Sommer ins Spiel gebracht hatte. Aber ein sogenanntes Impeachment hat es in Georgia seit mehr als 50 Jahren nicht gegeben, und um Willis von ihrem Posten zu entfernen, müsste eine Zwei-Drittel-Mehrheit im staatlichen Senat dafür stimmen – über die das republikanische Lager nicht verfügt.
Aber das alles heisst wohl kaum, dass die Sache bald einfach versanden wird. Ein republikanischer Spitzenbeamter in der Bezirksverwaltung von Fulton County hat Willis in einem Brief aufgefordert, offen zu legen, wie Bezirksgelder ausgegeben wurden und ob Zahlungen von Bezirksmitteln an Wade in der Form von Reisen und Geschenken an sie flossen. Ein republikanischer staatlicher Senator rief Georgias Topbehördenkontrolleur zur Einleitung von Ermittlungen auf, und ein anderer schlug die Einsetzung einer speziellen Untersuchungskommission des Staatssenats vor.
Verfahren gegen Trump in Georgia
DPA/aru
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