September 7, 2024

Noch ist der Besuch gratis: Plaza de España in Sevilla.

4,8 Sterne bei fast 150’000 Bewertungen: Google-Nutzer sind begeistert von dieser «historischen Sehenswürdigkeit». Man darf also annehmen, dass viele der gut 3,4 Millionen Touristen, die jährlich Sevilla besuchen, auch diesen Ort betreten: die Plaza de España.

Genau genommen ist die vom Architekten Aníbal González errichtete Plaza nicht nur ein Platz, sondern auch ein Gebäude. Der bogenförmige, von Säulen, Türmchen und Keramiken geprägte Bau im andalusischen Stil umfasst die Hälfte des Ensembles, das von Wasserbecken unterbrochen ist. Der Bogen sollte bei seiner Einweihung im Jahr 1929 eine Umarmung der hispanischen Bruderländer in Lateinamerika symbolisieren. Ausgerichtet ist der Bau, der in Spielfilmen schon als Kulisse diente, zum Fluss Guadalquivir, der im Atlantik mündet, über den man bekanntlich die amerikanischen Kontinente erreichen kann.

Doch künftig müssen Besucher für dieses Kulturerlebnis bezahlen. So will es der Bürgermeister der Stadt, José Luis Sanz, wie die Zeitung «ABC de Sevilla» am Sonntag enthüllt hat. Mit dem Geld soll die Plaza de España instand gehalten werden. Das Vorhaben des Lokalpolitikers schlägt nun hohe Wogen: Darf man für das Betreten eines Platzes Geld verlangen? Wird hier öffentlicher Raum privatisiert?

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Als Reaktion auf erste Proteste in den sozialen Medien konkretisierte der Bürgermeister seine Pläne unter anderem im Radio. Demnach sollen Einheimische die Plaza weiterhin kostenlos betreten dürfen. Mit dem Geld werde eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des «emblematischen Monuments» ermöglicht, das notorisch unter Vandalismus leidet. Zudem bekomme der spanische Staat ein Viertel der Einnahmen ab. Für Touristen werde eine kulturelle Route ausgearbeitet zu einem «nicht abschreckenden» Preis.

Weil der Platz nicht nur städtisches Gelände ist, sondern auch unter die Verwaltung der staatlichen Denkmalbehörde fällt, muss sich Sanz, Mitglied des konservativen Partido Popular, mit der links-sozialistischen Regierung in Madrid einigen. Die zuständige Ministerin erklärte gegenüber «El País», der Antrag liege noch nicht vor. Die Opposition im Rathaus von Sevilla befürwortet unterdessen eher eine generelle Touristenabgabe statt eines Eintrittsgeldes für einzelne Plätze oder Denkmäler.

Mehr Geld mit Besuchern zu verdienen, das ist in Spanien ein nachvollziehbarer Reflex. Die Touristenzahlen sind seit der Pandemie auf Rekordhöhen geschnellt. Mehr als 85 Millionen Besucherinnen und Besucher waren es 2023, das kostet auch viel Geld: Kommunen müssen sauber machen und mehr Wachpersonal aufbringen, dazu kommen der grössere Bedarf an medizinischer Versorgung, mehr Arbeit für die Justiz und einiges mehr. In Santiago de Compostela zum Beispiel tourt die Stadtreinigung zweimal täglich rund um das Viertel an der Kathedrale.

In Katalonien wird für solchen Aufwand in Hotels eine Abgabe erhoben. Doch irgendwann kommen auch Spaniens Städte an ihre Grenzen. Die Anwohner der Sagrada Família in Barcelona haben im vergangenen Sommer Proteste organisiert. Im baskischen San Sebastián wurde auf Druck der einheimischen Bevölkerung die Zahl der Übernachtungsbetten limitiert.

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