July 26, 2024

Polizei sucht nach Burkhard Garweg: Fahndungsplakat an einer Bushaltestelle in Berlin.

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Die Berliner Polizei hat in ihrer Mitteilung zu dem Vorgang schlicht «Identitätsfeststellung» vermerkt. Als er wieder freigelassen wird, gibt ein Polizist dem vermeintlichen RAF-Terroristen noch Folgendes mit auf den Weg: «Na, dann haben Sie ja jetzt was zu erzählen.» So berichtet es Andreas Weiser, 67 Jahre alt, freier Journalist, Fotograf und Musiker. Und er klingt noch immer etwas fassungslos, wenn er von seiner Begegnung mit der deutschen Staatsgewalt und der ungewöhnlichsten Busfahrt seines Lebens erzählt.

«Die sind so im Jagdfieber, weil sie bei der Daniela Klette Mist gebaut haben, dass sie das unbedingt wettmachen wollen», vermutet Weiser. Die seit vielen Jahren in Berlin untergetauchte Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF) hatte bei ihrer Festnahme noch ihren RAF-Genossen Burkhard Garweg, der ebenfalls in Berlin lebte, warnen können.

«Ich sehe ganz anders aus»

Garweg ist seither auf der Flucht. Und am 12. März führt dieser Umstand dazu, dass Andreas Weiser, als er gegen 16.45 Uhr am Berliner U-Bahnhof Steglitz in einen Bus der Linie 285 steigt, von Zivilfahndern beschattet wird und sich wundert, warum dem gelben Bus mehrere Polizeiwagen vorausfahren. Er will sein Auto aus der Werkstatt holen, steigt an der Station Billy-Wilder-Promenade aus.

Was dann passiert, schildert er in seinem eigenen Blog so: «Bin in Gedanken und will gerade die Goerzallee überqueren, um auf der anderen Seite zur Autowerkstatt am Stichkanal zu kommen, da brüllt es hinter und neben mir plötzlich: Runter auf den Boden, runter.» Als er sich umdreht, so erzählt er es, sieht er vermummte, schwer bewaffnete Einsatzkräfte, blinkende Polizeiwagen und eine Maschinenpistole, auf ihn gerichtet.

«Ich werde von mehreren Vermummten auf den Boden gerissen und lande bäuchlings auf dem Trottoir, mein Kopf schlägt auf den Asphalt.» Er wird gefragt, ob er noch genug Luft bekomme. So langsam sei ihm klar geworden: Die Polizei hält ihn für Burkhard Garweg. Der ist 55 Jahre alt und sieht Weiser auf den jüngsten Bildern, die die Polizei Anfang März veröffentlicht hatte, nur bedingt ähnlich. «Ich bin schmal, aber sehe ganz anders aus.» Vielleicht habe ihn sein schwarzer Hut verdächtig gemacht.

Polizei bestreitet Festnahme

Er ruft den Einsatzkräften zu: «Ihr habt den Falschen.» Hilft rein gar nichts. «Das werden wir sehen», erwidert ein Beamter. Auch der Presseausweis bringt nichts, Garweg gilt als notorischer Fälscher. Hände auf den Rücken, Handschellen. Es ereignen sich für Weiser seltsame Dinge, so interessieren sich die Beamten für sein rechtes Ohr und fotografieren es – offenbar für einen exakten Abgleich mit besonderen Merkmalen bei Garweg. Es wird angekündigt, ihn auf die Wache mitzunehmen, für Fingerabdrücke und einen Gentest. Doch nach 45 Minuten realisieren die Beamten, dass er nicht Burkhard Garweg ist.

Das Landeskriminalamt Niedersachsen ist federführend für die Suche nach den ehemaligen RAF-Mitgliedern zuständig, da sie in dem Bundesland zuletzt einen Geldtransporter ausgeraubt haben sollen. Die Polizei bestätigt auf Anfrage den Vorfall: «Auf Grundlage eines Bevölkerungshinweises» sei eine Personenkontrolle durchgeführt worden. «Es gab keine Festnahme.»

Weiser hingegen beharrt darauf, dass ihm der Einsatzleiter gesagt habe, dass der Hinweis nicht aus der Bevölkerung gekommen sei, sondern Zivilbeamte selbst ihn für Garweg gehalten haben – damit läge der Fehler aber bei der Polizei selbst. Seltsam für ihn auch: Im Kurznachrichtendienst X vermerkt die Polizei Berlin am 12. März, dass es zu einem Zugriff durch Sondereinsatzkräfte gekommen sei, den Zeugen für den gesuchten früheren Terroristen gehalten hätten. «Es war nicht Garweg», wird vermerkt, der Post aber später gelöscht.

Nicht die erste Verwechslung

Die Polizei betont, weitere Angaben könne man aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen. Es ist nicht die erste Verwechslung dieser Art: Im Februar hatten schwer bewaffnete Spezialkräfte einen Bahnreisenden im Wuppertaler Hauptbahnhof aus dem Zug geholt, weil ein Augenzeuge ihn fälschlicherweise für den Ex-RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub gehalten hatte.

Bekommt Weiser für die Aktion eine Entschädigung oder Schmerzensgeld? Ihm habe die Polizei nur mitgeteilt, dass man die Reinigung bezahlt hätte, wenn die Hose durch den Zugriff dreckig geworden wäre, sagt er. Immerhin hat er es an jenem Tag noch geschafft, sein Fahrzeug bei der Autowerkstatt abzuholen.

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