July 27, 2024

Auf Propaganda und Manipulation versteht er sich wie kein Zweiter: Russlands Machthaber Wladimir Putin.

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Vielleicht war diese eine Sache zu offensichtlich, zu schlecht getarnt, zu plump. Ein aus Russland gesteuertes Netzwerk um den ukrainischen Putin-Freund Wiktor Medwedtschuk soll Kreml-Propaganda in Europa verbreitet, eine prorussische Website («Voice of Europe») betrieben und Abgeordnete bestochen haben, um den demokratischen Diskurs in der EU im Sinne Moskaus zu beeinflussen. Man weiss das jetzt, weil die Regierungschefs von Tschechien und Belgien sowie ein Recherchenetzwerk vorige Woche entsprechende Erkenntnisse von Geheimdiensten öffentlich machten. Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Polen, Ungarn und den Niederlanden sollen für prorussische Äusserungen Geld erhalten haben, heisst es. Auch EU-Abgeordnete sollen darunter sein. Und es gibt allen Grund zur Sorge. (Alle News zu Russland im Ticker zum Krieg gegen die Ukraine.)

Wladimir Putin und seine Schergen beabsichtigen, die demokratischen Institutionen Europas zu unterwandern. Und sie sind auch in der Lage dazu. Sie unterstützen gezielt nationalistische Kräfte mit einer Vorliebe fürs Autoritäre, zumeist russlandfreundliche Rechte, die den Krieg in der Ukraine als innerrussische Angelegenheit betrachten und Putins Propaganda auch ohne Bestechungsgelder teilen. Die Online-Propagandaschleuder «Voice of Europe» ist jetzt aufgeflogen, aber wie viele solcher Operationen mag es geben? Wie viele Mitarbeiter in Abgeordnetenbüros und Behörden haben sich an Russland verkauft? Wie viele Parlamentarier arbeiten versteckt mit dem Kreml oder russischen Diensten zusammen?

Hybride Kriegsführung

Als Deutschlands Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel 2018 im Bundestag von einer «hybriden Kriegsführung» Russlands sprach, die auch Desinformation und Faktenverdrehung beinhalte, waren solche Worte schon überfällig. Fünf Jahre zuvor waren russische Hacker in das Computernetzwerk des Bundestags eingedrungen; die Einflussnahme Russlands auf den US-Wahlkampf 2016 war belegt. Trotzdem dürfen Kreml-Medien wie Russia Today oder Sputnik etwa in der Schweiz weiter ihre Propaganda verbreiten. Gezielt wird die Diskussion in den sozialen Netzwerken vergiftet, nach wie vor.

In der deutschen Bundeswehr flogen in den vergangenen Jahren Zuträger der russischen Geheimdienste auf. In Österreich ist gerade ein früherer Agent wegen einer mutmasslichen Tätigkeit für Russland verhaftet worden. Und ganz aktuell liegen erstmals konkrete Hinweise darauf vor, dass Russland westliche Agenten und Behördenmitarbeiter mit Mikrowellenwaffen angegriffen haben könnte. (Lesen Sie dazu: «In der Schweiz fühlten sich russische Agenten sicher» – Interview mit Investigativjournalist Christo Grozev.)

Der Fall «Voice of Europe» zeigt erneut, wie unmittelbar die Gefahr ist, die gut zwei Monate vor der Europawahl von Moskau ausgeht. Wie leicht es Russland offenbar fällt, in die Herzkammern der Demokratien Europas einzufallen und die Möglichkeiten liberaler Gesellschaften auszunutzen, um diese zu beschädigen. Mit dem Aufstieg autoritärer Kräfte in Europa steigt auch die Zahl der Freunde des Kriegstreibers im Kreml.

Frankreich, Deutschland und Polen wollen nun ein gemeinsames «Frühwarn- und Reaktionssystem im Hinblick auf Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland» einrichten. Das klingt putzig. Was es eigentlich braucht, ist eine harte europäische Abwehrstrategie gegen sämtliche hybriden Angriffe Russlands auf die Integrität der Wahlen und der Parlamente. Ein Frühwarnsystem, ein paar EU-Digitalgesetze und wiederholte Warnungen reichen dafür nicht aus.

Russlands Krieg gegen die Ukraine

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