July 27, 2024

Pétanque, eine Variante des Boule, wird seit mehr als 50 Jahren am Montmartre gespielt.

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Im Schatten der Basilika Sacré-Cœur, an einem der schönen Abhänge von Montmartre, spielt sich ein Drama ab, ein Kulturkampf der besonderen Art. Wenn man Übertreibungen nicht scheut, entscheidet sich da gerade die Zukunft von Paris. So wenigstens sehen es die «boulistes» des Clap, die Kugelspieler des grössten Pétanque-Clubs der Stadt, kurz für «Club Lepic Abbesses Pétanque». Und wer kann es ihnen verdenken?

Seit mehr als fünfzig Jahren unterhalten sie an der Avenue Junot acht Spielfelder und ein Clubhouse, wie herübergeweht aus dem Süden Frankreichs, wo diese Variante des Boccia-Spiels ursprünglich herkommt. Aus dem Stand, mit geschlossenen Füssen – auf Provenzalisch: «pèd tanca» – werfen sie ihre unterschiedlich gerillten Stahlkugeln nach einem Zielbällchen, nicht weiter als sechs bis zehn Meter entfernt. Wer näher ans Bällchen kommt, gewinnt Punkte. Man spielt es zu zweit, im eins gegen eins, oder zu viert, zu sechst.

Paris riskiert seine Pétanque-Kultur

Der Clap ist ein Ort des klassenlosen Miteinanders, divers in allen Kategorien, das Bier an der Bar kostet 1,50 Euro. Kein Club in der Stadt zählt mehr Frauen in seinen Reihen, nämlich 97 von 287, und das gilt als sehr, sehr progressiv. Jetzt werden sie alle rausgeworfen.

Die Stadt verhökert da ein weiteres Stück ihrer Seele an den Tourismus: Pétanque-Spieler am Montmartre.

Der Pariser Stadtrat hat das Nutzungsrecht der 765 Quadratmeter samt alten Bäumen für die nächsten zwölf Jahre und für 60’000 Euro pro Jahr dem Nachbarn übertragen, einem Luxushotelier. Mit dem Zuschlag für das öffentliche Stück Land kann der seinen üppigen Hotelgarten zum Park erweitern und dort seiner hehren Kundschaft, die für eine Nacht in einer Suite auch tausend Euro bezahlt, Pilates und Yoga im Grünen anbieten, das ist offenbar sein Plan. Klar, der städtische Teil des Hotelparks muss auch in Zukunft zugänglich bleiben, und der Hotelier will sogar ein paar Spielfelder für die Pétanque behalten. Aber nichts wird mehr sein, wie es bisher war.

Die Stadt verhökert da ein weiteres Stück ihrer Seele an den Tourismus. Oder wie es die «Clapisten» sagen: Aus Montmartre wird «Montmartroland», ein Disneyland im Zentrum. Darum wehren sie sich nun mit zivilem Ungehorsam gegen ihre Vertreibung. Sie zelten unter den Bäumen, sie besetzen den Platz und riskieren damit jeden Tag eine Strafe von 500 Euro.

Die Herzen der Pariser sind bei den Kugelspielern

Schon einmal hatten sie kämpfen müssen, in den Achtzigern war das. Anstelle des Boulodromes sollte ein Parkhaus errichtet werden, fünf Etagen hoch. Damals ketteten sie sich an die alten Bäume, ein riesiges Trara. Und sie gewannen. Diesmal ist die Aussicht wohl weniger gut. Der Club hat ja auch kein verbrieftes Recht auf das Grundstück, juristisch war die Abmachung immer etwas vage und neblig. Alle Berufungen sind gescheitert, die Justiz blieb hart.

Aber die Herzen der Pariser sind bei den «Clapisten». Unterstützt werden sie auch von bekannten Persönlichkeiten, die selbst Pétanque spielen oder in der Nähe des Clubs leben: von Yannick Noah etwa, dem ehemaligen Tennisstar, und von Schauspieler Pierre Richard. Und weil so viel Prominenz mitkämpft, berichten auch die grossen Medien über die Entwicklung, fast täglich. Ein Drama in Episoden eben, durchaus lohnend in seiner Grundsätzlichkeit. Weil Paris eben nur Paris ist, wenn es auch Paris bleibt.

Paris, France

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@OliverMeiler

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