Lisa Franchetti führt nun offiziell die Meeresstreitkräfte an – nach 38 Jahren Dienst. Auf die Frage, ob sie dafür geeignet sei, hat sie eine kurze Antwort.
Frauen an der Spitze von Politik oder gar Militär sind immer noch eher selten in den USA, da fällt diese Personalie natürlich auf. Ministerinnen gab und gibt es mehrere in den amerikanischen Regierungen, eine von ihnen war Aussenministerin Hillary Clinton, die dann die erste Präsidentin werden wollte, aber gegen Donald Trump verlor.
Nun haben die Vereinigten Staaten von Amerika zwar immer noch keine Oberbefehlshaberin, aber ab sofort eine Chefin der Marine, sie heisst Lisa Franchetti.
Abtreibungsgegner Tuberville stellte sich quer
Bereits im August hatte Präsident Joe Biden sie nominiert, worauf die Kandidatin den Job geschäftsführend übernahm. Bis zur Ernennung dauerte es dann, weil ein Mann die Besetzung Hunderter hoher Posten in den Streitkräften blockierte. Dem stramm rechten Senator Tommy Tuberville missfällt, dass das Pentagon Urlaub gewährt und die Kosten erstattet, wenn schwangere Soldatinnen für eine Abtreibung reisen müssen.
Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte die Regelung im vergangenen Jahr eingeführt, nachdem das bundesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche vom Obersten Gerichtshof gekippt worden war. «Ich kann nicht einfach untätig herumsitzen, während die Biden-Administration Politik in unser Militär injiziert», erklärte der Republikaner Tuberville, ein scharfer Abtreibungsgegner, und injizierte selbst Politik in das US-Militär.
Wochenlang war die Weltmacht deshalb ohne offizielle Führung in Army und Navy, das amerikanische System macht solchen Widerstand möglich. Dies untergrabe die militärische Bereitschaft, klagte Verteidigungsminister Lloyd Austin. Erst kürzlich setzten sich die übrigen republikanischen Senatsmitglieder dann gegen ihren Rechtsaussen Tuberville durch und genehmigten gemeinsam mit den Demokraten auch den Aufstieg von Lisa Franchetti von der Vizechefin zur Nummer eins der US Navy.
Franchetti muste sich stundenlang Vorträge und Fragen von meist älteren Herren gefallen lassen.
«Ich bin froh, dass wir diesen Moment erreicht haben», sagte der demokratische Chairman Jack Reed (73) bei der finalen Anhörung im Kongress. Doch bevor es endgültig so weit war, musste sich die Anwärterin dort stundenlang Vorträge und Fragen von meist älteren Herren gefallen lassen. Die Senatoren berichteten von der Bedeutung der amerikanischen Flotte in den Weltmeeren, den zunehmenden Gefahren und der Aufrüstung Chinas, dessen Produktion von Kriegsschiffen jene der USA mittlerweile um ein Vielfaches übertrifft.
Was sie zu diesem Amt befähige, wurde die Mutter einer Tochter gefragt. Sie habe in ihren 38 Jahren in der Marine «umfassende Erfahrungen auf See und in den Streitkräften gesammelt», erwiderte Franchetti, geboren 1964 in Rochester, New York, Inhaberin eines Bachelor of Science in Journalismus und eines Offizierspatents. Sie war Kommandantin der US Naval Forces Korea, der Sechsten Flotte – US Naval Striking and Support Forces Nato in Europa, stellvertretende Chefin der Marineoperationen für die Entwicklung der Kriegsführung, Direktorin für Strategie, Pläne und Politik im Gemeinsamen Stab.
Ukraine, Nahost und Taiwan
Jetzt gehört sie als erstes weibliches Mitglied endgültig zum Joint Staff des US-Militärs, und das in äusserst unruhigen Zeiten. Da ist der Krieg in der Ukraine, die USA unterstützen Kiew mit Waffen, Milliarden Dollar und Expertise gegen Russland. Da sind die Spannungen im Südchinesischen Meer und die Sorge um Taiwan. Da ist nun der Krieg im Nahen Osten, Washington schickt einen zweiten Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer.
Die Marine brauche eine Streitkraft, «die ein Gleichgewicht zwischen aktueller Einsatzbereitschaft und zukünftiger Modernisierung herstellt, um auf die nationale Verteidigungsstrategie zu reagieren, im Frieden abzuschrecken und, wenn nötig, in Konflikten entscheidend zu gewinnen», sagte Admiralin Franchetti, Chief of Naval Operations. Auf die Frage, ob sie die Anforderungen für diese Stelle erfülle, gab sie eine kurze Antwort: «Yes.»