July 27, 2024

Der Rechtsaussen des amerikanischen Kommentariats Tucker Carlson in seinem Video, das er am 6. Februar auf X offenbar aus Moskau veröffentlichte.

Um zu erklären, warum er es für eine gute Idee hält, Wladimir Putin zu interviewen, sagte Tucker Carlson in einem am Dienstag veröffentlichten Video auf der Plattform X, das wolle sonst niemand tun. «Kein einziger westlicher Journalist» habe seit Beginn des Kriegs in der Ukraine den russischen Präsidenten angefragt, um auch mal seine Perspektive anzuhören. Genau das aber sei nun mal sein Job. «Wir machen Journalismus, unsere Aufgabe ist es, Leute zu informieren.»

Der Anheizer, der rausgeschmissen wurde

Tucker Carlson war früher ein rechtskonservativer Anheizer auf dem amerikanischen Kabelsender Fox News, wo er eine enorm reichweitenstarke Sendung hatte, bis man ihn dort im April vergangenen Jahres rausschmiss. Der Sender hatte zuvor 787 Millionen Dollar an einen Hersteller von Wahlmaschinen bezahlen müssen, wegen Behauptungen Carlsons über die «gestohlene» Wahl Donald Trumps und angeblich manipulierte Wahlmaschinen. Inzwischen kann er sich frei und ungestört auf der Elon-Musk-Plattform X weiter radikalisieren. Er hat dort eine neue journalistische Heimat gefunden, ohne «Zensur», wie er es nennt, wenn Leute Fakten prüfen.

Erhält «zahlreiche Anfragen aus dem kollektiven Westen»: Wladimir Putin lehnt Interviews mit unabhängigen westlichen Journalisten ab.

Fakten wie die Behauptung, zum Beispiel, kein Journalist habe versucht, Putin zu interviewen. Das ist falsch. Dmitri Sergejewitsch Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten, sagte, Putin erhalte «zahlreiche Anfragen aus dem kollektiven Westen».

Aber das soll hier nicht der Punkt sein. Und auch nicht, dass die US-Journalisten Alsu Kurmasheva und Evan Gershkovich wegen unliebsamer Berichterstattung in russischen Gefängnissen sitzen. Fakten spielen in der Sphäre, für die Tucker Carlson als Reporter loszieht, kaum eine Rolle. An ihm zeigt sich hervorragend, wie die Achsen in der medialen Öffentlichkeit inzwischen verlaufen.

Kampf um Kultur und Identität

Der Konflikt, in dem er Partei ergreift, ist nicht der zwischen den USA und Russland, auch die Opposition zwischen links und rechts spielt darin nur eine sekundäre Rolle. Letztlich gibt es einerseits einen Kampf um Kultur und Identität, der lose Beziehungen zur Realität unterhält, und andererseits die Ebene tatsächlicher politischer und wirtschaftlicher Verflechtungen. Als Journalist muss man sich für eins von beidem entscheiden.

Kein Zweifel besteht daran, auf welcher Seite Tucker Carlson steht. Zwischen den USA und Ungarn etwa herrschen seit Jahren starke diplomatische Spannungen. Es geht dabei immer wieder um russische und chinesische Einflussnahme in Ungarn, um Korruptionsvorwürfe gegen ungarische Politiker, die von den Deals mit Moskau und Peking profitiert haben sollen. Viktor Orban und seine Clique allerdings stellen den Konflikt ganz anders dar.

Orbans Stichwortgeber

Wie, das konnte man bei Tucker Carlson hören, als er im vergangenen Sommer zu Besuch in Budapest war. Er interviewte den ungarischen Ministerpräsidenten und brachte es fertig, ihn zu keinem der Vorwürfe zu befragen, deretwegen die USA Druck auf Ungarn ausüben.

Stattdessen lieferte er Orban Stichworte für seine Behauptungen über einen angeblichen Konflikt zwischen liberalen US-Eliten und dem konservativen, stolzen Ungarn. Wo Putin in diesem Konflikt steht, blieb bedeutungsvoll offen. In einer Rede, die er bei seinem Besuch in Budapest hielt, behauptete Carlson, Präsident Joe Biden und seine Leute hassten Ungarn, «dessentwegen, was es ist: ein christliches Land».

Auch Putin schimpfte in seiner Rede zum Überfall auf die Ukraine auf den angeblich degenerierten, sexuell gestörten Westen, als habe das irgendetwas mit seinem imperialistischen Feldzug zu tun. Ein angeblicher Kulturkonflikt legt sich wie Nebel auf die tatsächlichen Verhältnisse. Und Tucker Carlson steht an der Nebelmaschine.

Rechtskonservativer Journalist

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