Peking sieht im US-Gesetz zum Tiktok-Verkauf eine hegemoniale Haltung der Amerikaner – dabei geht es um mehr als die Kontrolle über eine Onlineplattform.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Cookies zulassenMehr Infos
Tiktok gibt es nicht in China. Dort heisst die App Douyin. Wie ihr ausländischer Klon ist Douyin voll mit Videos von Tänzern, Tieren, Influencern, die mal mehr, mal weniger intelligente Dinge von sich geben. Manchmal findet sich sogar etwas Regierungskritisches auf der Plattform, so wie am Mittwoch: Als eine Reporterin des Staatssenders CCTV über eine Explosion mit sieben Toten in der Kleinstadt Sanhe bei Peking berichten wollte, wurde sie bei laufender Kamera von der Polizei abgeführt. Videos davon machten sofort die Runde auf Douyin. Schnell schränkten Zensoren die Verbreitung der Clips ein.
Zu verhindern, dass der chinesische Staat irgendwann in ähnlicher Form auch bei Tiktok eingreift, war einer der Gründe, warum zur selben Zeit die Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus für ein Gesetz stimmten, das die chinesische Mutterfirma Bytedance zum Verkauf der App zwingen soll.
Widerstand von Bytedance und China
Bytedance-Chef Shou Chew hat bereits angekündigt, sich im Zweifel auch mit rechtlichen Mitteln dagegen wehren zu wollen. Auch der chinesische Staat hat ein Wörtchen mitzureden und bereits klargemacht, dass er einem Verkauf sehr kritisch gegenübersteht. Bei dem immer wieder aufflammenden Streit steht sehr viel mehr auf dem Spiel als nur die Kontrolle über eine Onlineplattform.
Das US-Gesetz folge einer «Gangsterlogik», sagt Wang Wenbin, Sprecher des chinesischen Aussenministeriums. Wenn das Argument der «nationalen Sicherheit» missbraucht werde, um erfolgreiche ausländische Firmen zu «unterdrücken», zeige das nur die selbstgerechte und hegemoniale Haltung der USA. Ein Sprecher des Handelsministeriums ergänzte, China werde alle erforderlichen Massnahmen ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen entschlossen zu schützen.
Bytedance war einer der ersten Techkonzerne, die die Kommunistische Partei auf Linie brachte. Offensichtlich gelangen auch von der Tiktok-App gesammelte sensible Daten nach China. Im Dezember 2022 musste Bytedance zugeben, dass Mitarbeiter in den USA und China unter anderem die Bewegungsdaten von Journalisten ausspionierten, die über die Firma berichtet hatten. Die Tiktok-Plattform sei «ein enorm verlockendes Instrument für den chinesischen Staat, um die globale Berichterstattung über China zu beeinflussen», erklärt die Analystin Reva Goujon von der Beratungsfirma Rhodium.
Peking hat kürzlich die gesetzlichen Grundlagen aktualisiert, um sich für einen Fall wie das lange erwartete US-Gesetz zu wappnen. Mittels Exportkontrollen für Technologie und geistiges Eigentum, die auch inhaltsbasierte Algorithmen einschliessen, könnte der chinesische Staat den Verkauf von Tiktok untersagen. Laut Goujon haben die US-Abgeordneten das einkalkuliert. Wenn die USA nun eine Frist setzen, bis wann Bytedance raus sein muss, handle es sich um ein De-facto-Verbot von Tiktok.
Riskante Vergeltungsmassnahmen
Goujon zufolge muss Peking bei seiner Reaktion jedoch auch die anderen Investments chinesischer Firmen im Ausland mitbedenken. Diese hätten sich zu Zeiten besserer Beziehungen mit den USA etwa in strategisch wichtigen Bereichen wie Energie, Medizin und Nahrungsmittel eingekauft. Das werfe nun die Frage auf, welche Firmen nach Bytedance als Nächstes ins Visier einer zunehmend chinakritischen US-Regierung geraten.
Peking kann zwar Vergeltungsmassnahmen gegen US-Firmen starten, wie etwa letztes Jahr gegen den US-Chiphersteller Micron wegen Beschränkungen des Exports von Hochleistungscomputerchips nach China. «Aber», sagt Analystin Goujon, «Peking muss auch das Risiko abwägen, ausländische Investoren weiter zu verprellen – dies umso mehr, als Chinas wirtschaftliche Herausforderungen bereits offenkundig sind.»
Kontroverse um Tiktok
Florian Müller est journaliste et chef de rubrique au Sport-Center. Après des études de Lettres à l'Université de Genève, il rejoint les rédactions du groupe Tamedia en 2010.Mehr Infos@FloMul
Fehler gefunden?Jetzt melden.
0 Kommentare