July 27, 2024

Erst nach Einlenken des Amtsinhabers Macky Sall wurden die Wahlen möglich: Senegal sucht einen neuen Präsidenten.

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Sollte auf den letzten Metern nicht noch etwas schiefgehen, dann wird am Sonntag gewählt in Senegal. Und das ist für sich genommen schon eine Nachricht – eine gute, wenn man es mit der Demokratie hält. Das 17-Millionen-Einwohner-Land im Westen Afrikas hat unruhige Wochen hinter sich, seit die ursprünglich für den 25. Februar geplante Wahl kurzfristig abgesagt und zunächst um zehn Monate nach hinten verschoben worden war. Es gab Proteste und Tote. Erst das oberste Gericht des Landes brachte Präsident Macky Sall zum Einlenken und ebnete den Weg für die nächste Verlegung des Termins – auf den 24. März. Für Senegal wird es die wohl wichtigste Wahl seit Jahrzehnten.

Denn ob das Land seine grösste politische Krise seit der Unabhängigkeit 1960 überwunden hat, wird erst die Wahl selbst zeigen. Beobachter befürchten, dass Präsident Sall der Demokratie im Land durch die Wahlverschiebung und das harte Vorgehen gegen die Opposition nachhaltig geschadet hat. Von einer «Erosion des Vertrauens» in die staatlichen Institutionen schreibt die Westafrika-Expertin Amy Niang.

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Senegal galt über Jahrzehnte als Hort der Stabilität im aufgewühlten Westafrika, einen Putsch gab es hier nie. Doch diesen Ruf, der sich in den vergangenen Jahren auch in Form von Milliardeninvestitionen aus dem Ausland bezahlt gemacht hatte, ist das Land erst einmal los.

Oppositionschef in Senegal darf nicht antreten

Macky Sall regiert Senegal seit 2012 und wurde 2019 als Präsident bestätigt. Eine dritte Amtszeit lässt die Verfassung nicht zu. Doch Sall erklärte erst nach massiven Protesten seinen Verzicht auf eine dritte Amtszeit. Die wütende Reaktion auf die Wahlverschiebung im Februar – offiziell wegen eines Streits um die Zulassung von Kandidaten – erklärt sich auch aus dieser Vorgeschichte. Die Opposition sah darin Salls nächsten Anlauf, seine Macht verfassungswidrig zu verlängern. Der Präsident wies diesen Vorwurf stets zurück. «Ich werde mich nicht entschuldigen, weil ich nichts falsch gemacht habe», sagte er jüngst der BBC.

Sall wird am Sonntag nicht zur Wahl stehen – dafür 19 andere Kandidaten, unter ihnen eine Frau. Die besten Chancen werden zwei Männern eingeräumt. Der eine heisst Amadou Ba, war unter Sall Premierminister und tritt für dessen Partei an. Der 62-Jährige ist der Kandidat der Kontinuität. Er will da weitermachen, wo Sall bald aufhören muss. Das ist sein grösster Trumpf, aber auch sein Hauptproblem: Der Unmut, den der Noch-Präsident in den vergangenen Jahren auf sich gezogen hat, färbt auf seinen Wunschnachfolger ab.

Der Kandidat des Wandels heisst Bassirou Diomaye Faye, er ist fast 20 Jahre jünger als Ba. Auf ihm ruhen die Hoffnungen vieler junger Menschen vor allem in der Hauptstadt Dakar, die genug von Sall haben. Faye war vor einem knappen Jahr wegen des Vorwurfs der Aufwiegelung ins Gefängnis gekommen und erst Mitte März, zehn Tage vor der Wahl, im Rahmen einer Amnestie entlassen worden.

Mit Faye und umjubelt von Tausenden Anhängern war auch Ousmane Sonko freigekommen, der eigentliche Oppositionsführer. Er war im vergangenen Sommer wegen «Verführung der Jugend» verurteilt worden. Sonko bezeichnete das Verfahren als politisch motiviert und protestierte mit Hungerstreiks gegen seine Haft. Nun ist er ein freier Mann, doch zur Wahl antreten darf Sonko nicht – infolge einer weiteren Verurteilung wegen Beleidigung eines Ministers, den er der Korruption bezichtigt hatte. Auf dem Wahlzettel steht deshalb Bassirou Diomaye Faye, sein Stellvertreter.

Hoffnung vieler junger Menschen: Bassirou Diomaye Faye (weisse Kappe) und Ousmane Sonko (weisses Hemd) bei einer Wahlkampfveranstaltung im März in Dakar.

Das Duo Faye/Sonko verspricht einen radikalen politischen Bruch – einen Bruch mit Frankreich. Bislang ist Senegal enger Verbündeter der ehemaligen Kolonialmacht. Doch die in Westafrika seit Jahren um sich greifende antifranzösische Stimmung – von Putschisten in Mali, Guinea und Niger ausgenützt und angeheizt – hat längst auch Senegal erreicht. Immer mehr Menschen im Land werfen Paris eine neokoloniale Politik vor, die Augenhöhe verspreche und Ausbeutung bedeute. Bei den Protesten gegen Macky Sall wurden regelmässig auch französische Supermärkte geplündert.

Zu Fayes Wahlversprechen gehörte der Ausstieg aus der in Paris gedruckten und an den Euro gebundenen westafrikanischen Gemeinschaftswährung CFA-Franc, die Kritiker als «letzte Kolonialwährung» Afrikas ansehen. Doch dass ein solches Unterfangen die Stabilität des Landes weiter gefährden könnte, scheint man inzwischen auch im Lager des Kandidaten zu befürchten. Ousmane Sonko, der mögliche kommende Schattenpräsident, ruderte am Tag nach seiner Freilassung jedenfalls merklich zurück: Im Fall eines Wahlsiegs kündigte er statt einer neuen Währung eine Reform der alten an.

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