July 27, 2024

Zwei Offiziere, zwei Denkschulen: Olexander Sirski (links) ersetzt nun Waleri Saluschni (rechts) als Chef der ukrainischen Armee.

Wer mitten im Krieg den General auswechselt, muss die Niederlage wohl schon vor Augen haben. Warum sonst sollte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski seinen obersten Offizier zu einem Zeitpunkt entlassen, da kaum mehr einer wetten würde auf den Sieg im Kampf gegen den russischen Aggressor? Nach der gescheiterten Offensive vom Sommer 2023 ist die Ukraine für jeden erkennbar in die Defensive geraten: militärisch und politisch. Selenski braucht also Erfolge, egal welcher Art.

Der ukrainische Präsident hat mit seinem Generalstabschef Waleri Saluschni aber ausgerechnet den militärischen Kopf entlassen, der sich seit Kriegsbeginn eine Reihe von wichtigen Erfolgen auf die Fahne schreiben konnte. Der in der Ukraine und bei seinen Soldaten populäre Offizier hatte seinem Präsidenten und Oberbefehlshaber in letzter Zeit aber öffentlich widersprochen, was die Siegeschancen angeht.

Der Neue trägt den Beinamen «der Metzger»

Kein Sieg in Sicht – das musste den Staatschef verärgern. Ebenso Saluschnis Forderung nach einer raschen Mobilisierung von noch mehr Soldaten für die ausgeblutete Truppe. Auch das muss einem Politiker wie Selenski missfallen, weil er stets Wahlen vor Augen haben muss. Möglicherweise hat Selenski in dem bei seinen Soldaten populären Saluschni einen späteren politischen Konkurrenten gewittert und ihn vorab auszuschalten versucht.

Mit dem bisherigen Heereschef Olexander Sirski wird ein Offizier der alten, der sowjetischen Schule Armeechef. Sirski wird von den Soldaten ebenfalls respektiert, trägt aber den nichts beschönigenden Beinamen «der Metzger». In der Schlacht um Bachmut hatte er die patriotische Symbolik des Orts über die Zahl der eigenen Verluste gestellt.

Putin fährt derweil Kriegswirtschaft hoch

Auch politisch gerät die Ukraine ins Hintertreffen. Trotz aller Treueschwüre («as long as it takes») sind lebenswichtige Waffenlieferungen aus den USA längst bedroht durch den sich abzeichnenden Schatten Donald Trumps. Die Europäer wiederum, immerhin unmittelbare Nachbarn der Ukrainer, können oder wollen nicht einmal die Hälfte der zugesagten Munition liefern. Der russische Präsident hingegen fährt die eigene Kriegswirtschaft hoch und geht shoppen: Wladimir Putin kauft Raketen und Granaten in Pyongyang oder Teheran und drechselt an seiner Achse der politischen Outlaws, die weder Skrupel noch leere Zeughäuser kennen. In dieser Zwickmühle braucht Selenski weit mehr als nur einen neuen Generalstabschef. Er braucht ein Wunder.

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