July 27, 2024

Das Oberste Gericht kippt das Urteil aus dem US-Bundesstaat Colorado. Trump darf doch zur Vorwahl antreten.

Donald Trump darf am Dienstag an den Vorwahlen in Colorado teilnehmen: Das hat der Supreme Court der Vereinigten Staaten am Montag in einem Urteil festgehalten. Zu dem Resultat gelangten die neun Richter einstimmig, ein Zeichen dafür, wie sehr ihnen daran gelegen war, eine deutliche Entscheidung zu fällen in einer politisch delikaten Angelegenheit. Ganz gelang es aber nicht: Die vier Richterinnen, eine konservative und drei liberale, unterstützen nur den Grundsatz des Urteils, kritisieren ihre männlichen Kollegen aber, Trump und seine Helfer unnötigerweise zu schützen.

In einem Eilverfahren hat das Oberste Gericht noch rechtzeitig vor dem Super Tuesday, dem Vorwahltag in Colorado, sein Urteil gefällt. Eine Gruppe von Stimmberechtigten hatte von den lokalen Gerichten verlangt, Trump von den Wahllisten zu streichen. Sie argumentierten, er habe beim Sturm auf das US-Capitol einen Aufstand angezettelt. Er müsse darum disqualifiziert werden, basierend auf dem 14. Verfassungszusatz. Dieser entstand nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg und schliesst Aufständische von Ämtern aus. In Colorado drangen die sechs Kläger damit durch.

Gericht will ein Flickwerk verhindern

Der Supreme Court hält nun aber einstimmig fest, dass die Gliedstaaten nicht dazu befugt sind, Kandidaten für Ämter auf Bundesebene aufgrund des betreffenden Absatzes im 14. Verfassungszusatz von Wahllisten zu streichen. Entscheide jeder Gliedstaat selbst, jeder mit eigenen Verfahren und eigenen Regeln, drohe ein Flickwerk. «Das Resultat wäre möglicherweise, dass ein und derselbe Kandidat in einigen Staaten als unwählbar beurteilt würde, jedoch nicht in anderen Staaten, alles auf der Basis desselben Verhaltens», schreibt das Gericht. Das sei nicht vereinbar mit dem Prinzip, dass «der Präsident alle Stimmberechtigten der Nation vertritt».

Das Oberste Gericht sieht überdies die Gefahr einer akuten Störung des Rechtsstaats, falls ein solches Verfahren erst nach dem Wahltermin beginnt: «Nichts in der Verfassung verlangt, dass wir ein solches Chaos erdulden müssen, das jederzeit oder sogar mehrmals eintreten könnte, bis zur Amtseinsetzung und vielleicht sogar darüber hinaus.»

Harte Kritik von den drei liberalen Richterinnen

So weit waren sich die fünf Männer und die vier Frauen am Supreme Court einig. Die Männer entschieden darüber hinaus, dass der Sezessionistenpassus nur anwendbar sei, wenn der US-Kongress das Verfahren in einem Gesetz regle. Damit sind Trump und seine Helfer faktisch davor geschützt, dass der Artikel überhaupt noch auf sie angewandt wird. Die Republikaner halten die Mehrheit im Repräsentantenhaus und können damit Gesetzesprojekte verhindern. Selbst für den Fall, dass Trump Präsident wird, die Demokraten aber in beiden Kongresskammern die Mehrheit holen, wären er und seine Helfer aus dem Schneider. In diesem Szenario hätten die Demokraten im Kongress versuchen können, Trump die Amtseinsetzung zu verweigern. Nach dem jüngsten Urteil des Supreme Court ist dieser Weg nun versperrt, ein Gesetz könnte Trump als Präsident mit dem Veto verhindern.

Der Supreme Court hat mit diesen Detailbestimmungen nach Meinung der vier Richterinnen Fragen geregelt, die gar nicht zur Debatte standen. Amy Coney Barrett, die einzige Konservative, schrieb dennoch, die Einstimmigkeit im Urteil sei viel wichtiger als die Unterschiede. Die drei Liberalen Sonia Sotomayor, Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson hingegen gehen in einer Minderheitsmeinung hart ins Gericht mit den Kollegen, deren Begründung «schwer zu verstehen» sei. «Die Mehrheit versucht, alle mutmasslichen Aufständischen zu schützen vor zukünftigen Prozessen, wenn sie ein Amt auf Bundesebene halten», schreiben sie. Sie ziehen Parallelen zum Jahr 2000, als das Oberste Gericht das Amt George W. Bush zuschanzte, als dieser mit Al Gore über die Nachzählung in Florida stritt, das jüngste Beispiel eines Urteils, das politisch weitreichende Folgen hatte.

Schon Trumps zweiter Sieg

Der Supreme Court hat Trump den zweiten wichtigen Sieg innert weniger Tage beschert. Erst am vergangenen Mittwoch hatte er einen zweiten Fall angenommen, der den Kronfavoriten der Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur betrifft. Trump macht Immunität geltend für alles, was er in seiner Amtszeit getan hat, um einen Strafprozess wegen des 6. Januar 2021 zu verhindern. Inhaltlich dürfte Trump einen schwierigen Stand haben. Aber er gewinnt wertvolle Zeit, weil das Gericht erst auf Ende April eine Anhörung angesetzt hat. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Strafprozess nicht mehr vor dem Wahltag in ein Urteil mündet – und Trump im Fall eines Wahlsiegs die Verfahren sabotieren könnte.

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5. März 2024 – der Super Tuesday: An diesem Dienstag finden in 15 Bundesstaaten sowie im US-Aussengebiet Amerikanisch-Samoa Vorwahlen der Republikaner statt. Höchstwahrscheinlich werden sich die Republikaner für Donald Trump als ihren Kandidaten entscheiden.

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15. bis 18. Juli: Die republikanischen Delegierten treffen sich in Milwaukee, Wisconsin. Auf dem Parteitag werden sowohl der republikanische Präsidentschaftskandidat als auch der Vizepräsidentschaftskandidat von den Delegierten offiziell gewählt, das Wahlprogramm verabschiedet und der Wahlkampf für die General Election eingeläutet.

19. bis 22. August: Die Demokraten treffen sich in Chicago, Illinois. Dabei geht es auch darum, die Reihen hinter dem Kandidatenduo Joe Biden und Kamala Harris zu schliessen.

2. September: Die heisse Phase des Wahlkampfs beginnt mit dem Labour Day. Höhepunkte sind traditionell die vier TV-Debatten, drei zwischen den Präsidentschaftskandidaten, eine zwischen den Vizes. Ob sie auch in diesem Jahr stattfinden werden, ist Gegenstand eifriger Spekulationen. Vorerst aber sind folgende TV-Duelle geplant:

  • 16. September: Erste TV-Debatte zwischen den Präsidentschaftskandidaten in San Marcos, Texas

  • 25. September: TV-Debatte zwischen den Vize-Kandidaten in Easton, Pennsylvania

  • 1. Oktober: Zweite TV-Debatte zwischen den Präsidentschaftskandidaten in Petersburg, Virginia

  • 9. Oktober: Dritte TV-Debatte zwischen den Präsidentschaftskandidaten in Salt Lake City, Utah

5. November: Der Wahltag. Insgesamt sind 538 Elektorenstimmen zu vergeben, wer 270 davon holt, ist Präsident der Vereinigten Staaten. Neben dem Präsidenten werden alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und 34 Senatoren, ein Drittel des US-Senats, gewählt. Ausserdem finden in verschiedenen Bundesstaaten Gouverneurswahlen statt.

Unsere gesammelte Berichterstattung zu den US-Wahlen finden Sie hier.

@fabian_fellmann

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