September 8, 2024

Blumen liegen bei einem Porträt des russischen Kremlkritikers Alexei Nawalny. Sein Team hat seinen Tod bestätigt.

Die Leiche des in Haft ums Leben gekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny wird einem Medienbericht zufolge im Bezirksspital der Stadt Salechard im hohen Norden Sibiriens aufbewahrt. Eine Obduktion habe zumindest bis Samstag noch nicht stattgefunden, berichtete die kremlkritische «Nowaja Gaseta Europa» am Sonntag unter Berufung auf eigene Informanten. Zudem soll der Körper des Toten blaue Flecken aufweisen.

Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben gab es zunächst nicht. Die Angehörigen Nawalnys haben bisher keinen Zugang zum Leichnam des 47-Jährigen erhalten.

Mutter Nawalnys ist vor Ort

Das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexei Nawalny hat dessen Tod am Samstag bestätigt. Das teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmisch bei X unter Berufung auf Nawalnys Mutter mit. Sie war in das Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die Nachricht über den Tod ihres Sohnes erhalten. 

Der Tod des 47-Jährigen soll demnach am 16. Februar um 14.17 Uhr Ortszeit (10.17 Uhr MEZ) eingetreten sein. Zuvor hatte bereits der russische Strafvollzug über den Tod Nawalnys informiert, der seit 2021 inhaftiert war.

Leichnam verschwunden

Am Samstag schrieb Jarmisch, ein Mitarbeiter des Straflagers jenseits des Polarkreises habe mitgeteilt, dass sich Nawalnys Leichnam in der Stadt Salechard zur Untersuchung befinde. Demnach konnte die Mutter die Leiche zunächst nicht identifizieren. Die Stadt liegt rund 50 Kilometer vom Straflager entfernt.

Gemäss Jarmisch soll Nawalnys Anwalt mit seiner Mutter zum Leichenschauhaus gereist sein, wo sie aber vor verschlossenen Türen standen. «Ihm wurde gesagt, dass er bereits der siebte Anrufer an diesem Tag sei», schrieb Jarmisch. «Und der Leichnam Alexeis befinde sich nicht bei ihnen im Leichenschauhaus.»

Einem zweiten Anwalt sei gesagt worden, dass die Todesursache noch nicht bekannt und eine weitere histologische Untersuchung erfolgt sei, deren Ergebnisse in der nächsten Woche zu erwarten seien, schrieb Jarmisch. «Es ist offensichtlich, dass sie lügen und alles unternehmen, um den Leichnam nicht zu übergeben.» Den Anwälten sei lediglich mitgeteilt worden, dass die Untersuchungen «nichts Kriminelles» ergeben hätten. «Die lügen ständig und führen uns im Kreis herum.»

Das Auto, welches Nawalnys Mutter Liudmila Navalnaya zum Gefängnis und Todesort ihres Sohnes brachte, steht vor der Strafanstalt Polarwolf in Charp, etwa 1900 Kilometer nördlich von Moskau.

Mitarbeiter des staatlichen Ermittlungskomitees hätten die Leiche abgeholt, teilte Jarmisch weiter mit. «Wir fordern, dass der Körper von Alexei Nawalny der Familie umgehend übergeben wird», sagte seine Sprecherin. Die Umstände des Todes sind weiter unklar.

G7-Aussenminister: Russland muss Todesumstände Nawalnys aufklären

Die G7-Aussenminister haben von Russland eine vollständige Aufklärung der Todesumstände von Nawalny gefordert. Nach einem Treffen am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag teilte der italienische Vorsitzende Antonio Tajani mit, die Minister hätten ihre Empörung über den Tod Nawalnys in der Haft zum Ausdruck gebracht. Der Oppositionspolitiker sei zu Unrecht wegen legitimer politischer Aktivitäten und seines Kampfes gegen Korruption verurteilt worden. Die Minister forderten die russischen Behörden demnach auf, «die Umstände seines Todes vollständig aufzuklären».

Zudem verlangten die G7-Aussenminister von Russland, die «inakzeptable Verfolgung» politisch Andersdenkender sowie die systematische Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die unangemessene Einschränkung von Bürgerrechten einzustellen.

Der nach vielen Tagen in immer wieder angesetzter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang im Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos.

Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde.

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DPA/SDA/fem

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