September 8, 2024

«Etwas äuuuusserst Interessantes»: Margarita Simonjan, Kreml-Propagandistin – hier im TV-Sender Rossija 1.

Es war der Tag, an dem Alexei Nawalny beerdigt wurde, als Margarita Simonjan die Aufmerksamkeit auf ein ganz anderes Thema lenken wollte. Sie kündigte «etwas äuuuusserst Interessantes» an, das ihr «Kameraden in Uniform» übergeben hätten.

Die Leiterin des russischen Staatssenders RT nutzte dazu ihren persönlichen Telegram-Kanal, der allein knapp eine halbe Million Abonnenten hat. Süffisant versprach sie «eine faszinierende Lektüre und Audiodatei, die ich sehr gern veröffentliche». Dann schrieb sie, dass «ranghohe Bundeswehroffiziere erörtern, wie sie die (Achtung!) Krimbrücke bombardieren».

Wer ihr den brisanten Mitschnitt vom Gespräch der deutschen Luftwaffenoffiziere übergeben hat, teilte sie natürlich nicht mit. Simonjan wendet sich in ihrem Post unter anderem direkt an Olaf Scholz und fragt, ob es «nicht schon jetzt Zeit ist, dass Russland Deutschland aktiv daran erinnert, wie die Sprengungen russischer Brücken für Deutschland beim letzten Mal geendet haben».

Angeblicher Beleg für deutsche Bombardierungspläne

Am Tonfall der diversen Posts wird deutlich, dass Russland die vermutlich von einem der russischen Geheimdienste abgehörte Gesprächsrunde nur so verstehen und der Öffentlichkeit präsentieren will: als deutsche Bombardierungspläne. Da ist er also nun, aus Sicht der russischen Führung und nach Einschätzung russischer Militäranalysten: der angebliche Beleg dafür, wie stark westliche Nato-Staaten sich am Krieg in der Ukraine beteiligen.

Die Krimbrücke ist für Russland ein besonders sensibler Punkt. Sie ist nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel von Wladimir Putin persönlich eröffnet worden und war so von vornherein ein sehr symbolisches Bauwerk, das die Krim mit dem russischen Festland verbindet. Strategisch verläuft über die Brücke der Nachschub für die russische Invasionsarmee in der Ukraine.

Bereits zweimal wurde sie seit Kriegsbeginn durch Explosionen beschädigt. Dass Moskau jetzt vermeintliche deutsche Zerstörungspläne aufgedeckt hat, hilft ihm in seiner ohnehin verschärften Propaganda gegen den Westen, der angeblich Russland schwächen will.

RT ist wichtiges Propagandainstrument

Am Samstagabend veröffentlichte Simonjans Sender RT auf seiner Internetseite einen Artikel, der mit der Position der AfD beginnt. Parteichef Tino Chrupalla wird zitiert, der Berlin auffordert, der Ukraine keine Marschflugkörper Taurus zu übergeben. Das hat Scholz aber ohnehin bereits ausgeschlossen, auch noch einmal nach dem abgehörten Gespräch der Bundeswehroffiziere.

RT ist ein russisch kontrollierter Staatssender, der nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine in Deutschland verboten wurde. Für die russische Regierung ist er als Propagandainstrument sehr wertvoll.

Kaum hatte Simonjan über das mitgeschnittene Telefonat der deutschen Offiziere berichtet, wurde das Gespräch vom russischen Aussenministerium kommentiert, obwohl Deutschlands Verteidigungsministerium seine Echtheit da noch gar nicht bestätigt hatte.

Lawrow: «Auffallende Selbstentlarvung» der Deutschen

«Die jetzige deutsche Regierung verweist auf die Erfahrung des Dritten Reiches», schrieb Sprecherin Maria Sacharowa am Freitagmittag auf ihrem Telegram-Kanal. Aussenminister Sergei Lawrow bemerkte, «wie gründlich sie sich auf einen Angriff auf die Krimbrücke und auf andere Objekte vorbereiten». Er sprach von einer «auffallenden Selbstentlarvung».

Allerdings ist die Zeit gerade extrem schnelllebig. Heute Sonntag wurden über der Krim angeblich 38 Drohnen von der russischen Verteidigung abgeschossen. Die meisten russischen Zeitungen haben dies gemeldet, die Abhöraffäre spielte da schon keine besonders grosse Rolle mehr.

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