Ein Tunesier erschiesst am Rande eines Fussballspiels zwischen Belgien und Schweden zwei Fans, einer soll schwedisch-schweizerischer Doppelbürger sein. Die Polizei meldet am Dienstagmorgen den Tod des Attentäters.
Erst am Morgen nach den tödlichen Schüssen können die belgischen Behörden den mutmasslichen Täter lokalisieren. Der Verdächtige sei in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek «neutralisiert» und in ein Spital gebracht worden, meldete die Polizei. Wenig später hiess es, der Attentäter sei an seinen Verletzungen gestorben. Der Mann hatte am Montagabend kurz nach 19.00 Uhr auf schwedische Fussballfans das Feuer eröffnet, die für das EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien in der Stadt waren. Zwei Männer starben, einer soll schwedisch-schweizerischer Doppelbürger sein. Ein dritter wurde schwer verletzt.
Rasch identifiziert
Die Polizei sprach rasch von einem Terroranschlag und identifizierte den mutmasslichen Täter als Abdeslam L., einen abgewiesenen Asylbewerber aus Tunesien. In einem Video vor der Tat erklärt sich der Mann als Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Kurz nach der Tat taucht ein weiteres Video auf, in dem der 45-Jährige erklärt, «drei Schweden» getötet zu haben. Der Attentäter dürfte gezielt Jagd auf schwedische Fans gemacht haben, die unterwegs waren zum Fussballspiel im wenige Kilometer entfernten Roi Baudouin Stadion.
Schweden ist im Fokus von Islamisten im Zusammenhang mit Koranverbrennungen. Sie finden seit Monaten im skandinavischen Land statt. Der Täter war mit Leuchtweste auf einem Motorrad unterwegs und eröffnete das Feuer auf die Fans, als diese ein Taxi verliessen. Der Tunesier soll dabei laut «Allahu Akbar» (Gott ist gross) gerufen, seine Opfer in einen Hauseingang verfolgt und zumindest einen der Männer per Kopfschuss hingerichtet haben. Der Attentäter soll mit einer AK-15 geschossen haben, einer Kriegswaffe russischer Bauart.
Höchste Warnstufe
Noch am Abend riefen die belgischen Behörden für Brüssel die höchste Terrorwarnstufe 4 aus. Der tödliche Anschlag weckt in der belgischen Hauptstadt Erinnerungen an die Sprengstoffattentate von 2016, bei denen am Flughafen und in einer Metrostation 32 Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden waren. «Brüssel erneut Opfer des Terrors», titelte die flämische Zeitung «De Standaard». Brüssel sei wieder die «Hauptstadt der Angst», erinnert die Zeitung «Le Soir» an den Lockdown beim Doppelanschlag vor sieben Jahren. Der Prozess ist erst vor wenigen Wochen mit lebenslangen Haftstrafen für die Attentäter zu Ende gegangen.
Nun also wieder Brüssel. Ein Teil der Schulen blieb am Dienstag zu, Behörden empfahlen ihren Angestellten, zu Hause zu bleiben. Das Fussballspiel war am Abend nach der Halbzeit beim Stand von 1:1 abgebrochen, doch 35’000 Fans mussten aus Sicherheitsgründen bis Mitternacht im Stadion ausharren. Der Attentäter konnte zuerst nach den tödlichen Schüssen auf seinem Motorrad die Flucht ergreifen. Die Befürchtung war, dass der Mann auf dem Weg zum Stadion auf der Suche nach weiteren Opfern war. Erste Hausdurchsuchungen in Schaerbeek blieben erfolglos.
Abgewiesener Asylbewerber
Abdeslam L. habe 2019 ein Asylgesuch eingereicht, das aber innert eines Jahres negativ entschieden worden sei, meldeten die Sicherheitsbehörden am frühen Morgen. Eine Ausreiseverfügung habe nicht zugestellt werden können, da der Tunesier untergetaucht sei. Die Behörden hätten den Mann aber wegen Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Bedrohung für die öffentliche Sicherheit auf dem Radar gehabt, so Innenminister Vincent van Quickenborne.
Einmal mehr sehen sich die belgischen Behörden mit unangenehmen Fragen konfrontiert. Auch bei den Anschlägen 2015 von Paris war die belgische Hauptstadt Unterschlupf und logistische Drehscheibe für die Attentäter. Medien aus der ganzen Welt schrieben damals über das «Terrornest Brüssel». Nun wächst zusätzlich die Angst vor einer neuen Terrorwelle in Europa, auch vor dem Hintergrund der Eskalation im Nahen Osten zwischen Hamas und Israel. Vergangene Woche tötete in Frankreich ein Tschetschene einen Lehrer mit Messerstichen und verletzte zwei weitere Personen. Der Mann war den Behörden ebenfalls als Gefährder bekannt.