Der Präsident wird im Amt bestätigt – wohl mit sagenhaftem Vorsprung. Ein Grund zur Freude? Eher nicht.
Es kommt in Lateinamerika nicht oft vor, dass ein Präsident wiedergewählt wird. Die Region ist heute grösstenteils ein Konfliktherd, dominiert von Armut, terrorisiert von Kriminalität, gebeutelt von Korruption. Oft ist es darum schon ein Erfolg, wenn ein Staatschef es überhaupt bis zum Ende seiner ersten Amtszeit schafft. Von einer Wiederwahl gar nicht erst zu reden.
So gesehen könnte man meinen, es sei ein Hoffnungsschimmer, dass Nayib Bukele am Sonntag wohl abermals die Wahl in El Salvador gewonnen hat. Seit 2019 regiert der heute 42-Jährige seine kleine zentralamerikanische Heimat so erfolgreich, dass er als einer der beliebtesten Staatschefs in der Geschichte seines Landes gilt.
Mehr als 85 Prozent der Stimmen will Bukele nun am Sonntag bekommen haben, nach eigenen Berechnungen wohlgemerkt, nicht nach offiziellen Angaben. Trotzdem: Dass er El Salvador noch fünf weitere Jahre regieren wird, daran besteht kein Zweifel. Sollte man nun also gratulieren? Eher nein.
Nayib Bukele mag noch so beliebt sein: Seine Wiederwahl ist verfassungswidrig. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Präsident derzeit offiziell «beurlaubt» ist: ein Taschenspielertrick, um das Verbot der direkten Wiederwahl zumindest dem Schein nach zu umgehen. Von der Macht gelassen hat er ohnehin nicht, die Amtsgeschäfte führt derzeit seine Privatsekretärin.
Historisch gesehen ergibt das Verbot einer direkten Wiederwahl in El Salvador durchaus Sinn. In seiner leidvollen Vergangenheit wurde das Land immer wieder von Diktatoren regiert. Nun, so ist es zu befürchten, ist es auf dem Weg in die nächste Diktatur.
Autokratie in Lateinamerika
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