September 8, 2024

Einer Studie zufolge ist die Generation Z in der Schweiz offen für Sex ausserhalb der Beziehung. Doch viele können nach wie vor nichts damit anfangen.Sex

Das Wichtigste in Kürze

  • Laut einer Umfrage können sich viele junge Menschen eine offene Beziehung vorstellen.
  • Doch eine Expertin zweifelt an der hohen Zahl, die die Studie nennt.
  • Gen-Zler erklären, warum sie lieber monogam leben.

Eine Umfrage zeigt: 51 Prozent der Schweizer Generation Z «wären bereit, eine nicht-monogame Beziehung einzugehen». Die Basler Sexologin Melina Dobroka zweifelt die hohe Zahl bei Nau.ch an.

Sie könne sich vorstellen, dass viele zwar daran interessiert sind, aber nicht unbedingt, dass sie es auch wollen. «Und das scheint mir ein grosser Unterschied.»

Tatsächlich: Nach wie vor können viele junge Erwachsene mit Sex ausserhalb der Beziehung gar nichts anfangen. Zum Beispiel der Berner Nau.ch-Leser Nero G.* (20), der seit einem Jahr mit seiner Freundin zusammen ist.

«Ganz ehrlich, mich würde eine offene Beziehung ekeln. Ich fände es ein wenig grusig, so viele Leute anzufassen», sagt er. «Man ist doch glücklicher, wenn man sich um das kümmert, was man hat, statt immer Neues und mehr zu wollen.» Das Gras sei schliesslich dort grüner, wo man mehr giesse.

«Ich finde auch das Argument doof, dass Sex in einer monogamen Beziehung langweilig wird.» Er findet, man sollte fähig sein, unendlich viel Freude an etwas zu haben. «Ein Beispiel: Ich wohne mein Leben lang im gleichen Dorf und finde die Aussicht auf die Berge trotzdem jeden Tag schön.»

Junge erlauben sich Sex mit anderen, statt Schluss zu machen

Auch Selma K.* (22), ebenfalls aus dem Kanton Bern und ebenfalls Teil der Generation Z, hält wenig von offenen Beziehungen. «In meinem Umfeld habe ich nur Paare, die ihre Beziehung kurz vor der Trennung geöffnet haben.»

Ein konkreter Fall: «Eine Kollegin von mir nervte sich nur noch über ihren Freund, aber sie hatte ein schlechtes Gewissen. Weil sie deshalb nicht Schluss machen wollte, schlug sie eine offene Beziehung vor.»

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Wenig später war dann doch Schluss. «Er war extrem eifersüchtig, wenn sie jemanden traf. Sie hatte den Eindruck, dass er nur aus Rache Sex mit anderen hatte.»

Ähnliches hat auch der 20-jährige Berner erlebt. «Eine Kollegin wollte mit ihrem Freund Schluss machen, aber er liebte sie noch. Deshalb überredete er sie zu einer offenen Beziehung.» Das habe das Problem aber nicht gelöst – «jetzt ist er einfach traurig und eifersüchtig».

«Gefahr für Frauen, schlecht behandelt zu werden»

Kürzlich packte eine 36-jährige Thurgauerin bei Nau.ch über ihre offene Beziehung aus – ihre grösste Kritik an Monogamie: Sie findet, «dass ich keinen Besitzanspruch auf die Sexualität meines Partners habe».

Für G. unverständlich. «Dafür entscheidet man sich ja, ein Paar zu sein: Damit man zueinander gehört und füreinander da ist», sagt er.

Auch kritisch sehen junge Monogamie-Fans andere Ansichten der 36-Jährigen. Samira K.* (32), wie die Thurgauerin nicht Gen Z, sondern Millennial, findet: «Ich sehe in der offenen Beziehung eine Gefahr für Frauen, schlecht behandelt zu werden.»

Sie würden sich einreden, modern zu sein. «Dabei rutschen einige in ein Leben wie eine Hausfrau in den 50er-Jahren mit einem Betrüger-Ehemann.»

Bei den Aussagen der Thurgauerin sei ihr viel Selbstkritik aufgefallen. «Sie sagt zum Beispiel, SIE könne nicht alle Sex-Vorlieben ihres Partners abdecken. SIE habe keinen Besitzanspruch auf seine Sexualität. Aber was ist mit ihr?»

Die 32-Jährige findet: «Frauen werden selbstkritischer erzogen als Männer. Darum sollten wir bei solchen Dingen extra vorsichtig sein.» Sie selbst würde auch nie eine offene Beziehung wollen.

*Name geändert