September 8, 2024

Michael Cohen, gezeichnet während seiner Zeugenaussage im Gerichtssaal in New York.

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Im Schweigegeldprozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump versucht die Verteidigung, den Kronzeugen Michael Cohen als unglaubwürdigen und rachsüchtigen Lügner darzustellen. Das Kreuzverhör am Dienstag geriet dabei zum konfrontativen Schlagabtausch. «Herr Cohen, mein Name ist Todd Blanche», begann Trumps Anwalt die Befragung und fügte hinzu: «Sie haben mich auf Tiktok einen weinenden kleinen Mistkerl genannt, kurz bevor dieser Prozess begann?» Cohen entgegnete: «Klingt nach etwas, das ich sagen würde.» Später räumte Cohen zudem ein, er wolle Trump hinter Gittern sehen, wie im New Yorker Gericht anwesende Journalisten übereinstimmend berichteten.

Der Kronzeuge hatte bei seiner vorherigen Befragung durch die Anklage eine direkte Verbindung zwischen Trump und einer Zahlung an Pornostar Stormy Daniels hergestellt, die der Republikaner unrechtmässig verbucht haben soll. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Trump, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130’000 Dollar an die Pornodarstellerin verbessern wollen. Zwar war die von keiner Seite bestrittene Transaktion selbst nicht illegal. Der heute 77-Jährige soll aber bei der Erstattung des von Cohen ausgelegten Betrags Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Zahlung zu verbergen. Aus Sicht der Anklage handelte es sich deshalb um illegale Wahlkampffinanzierung.

Pöbeleien und Erinnerungslücken

Blanche konfrontierte Cohen immer wieder mit dessen scharfen Angriffen auf Trump. Er zeichnete das Bild eines Mannes, der von Rachegedanken gegen seinen früheren Boss besessen ist, seitdem dieser ihn fallen liess. Auf Blanches Fragen dazu, dass die Staatsanwaltschaft Cohen in mehreren Gesprächen dazu aufgefordert hatte, sich nicht in TV-Shows zu dem Fall zu äussern, antwortete Cohen, er könne sich an mehrere Gespräche zu diesem Thema nicht erinnern. Diese angebliche Gedächtnislücke nahm Blanche zum Anlass, Cohens detaillierte Erinnerungen an Telefonate mit Trump vor acht Jahren infrage zu stellen. Das Kreuzverhör soll am Donnerstag weitergehen, am Mittwoch pausiert der Prozess. 

Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Trump droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Das Verfahren könnte sich auch auf den Wahlkampf in den USA auswirken. Trump, der im November erneut zum US-Präsidenten gewählt werden will, hat auf nicht schuldig plädiert.

Cohen gilt als problematischer Zeuge

Einige US-Kommentatoren vertraten die Meinung, dass es Anwalt Blanche zumindest im ersten Teil des Kreuzverhörs nicht gelungen sei, Cohens Vorwürfe zu diskreditieren. Teils sei er während der Befragung so schnell von einem Thema zum nächsten gesprungen, dass es nicht leicht gewesen sei, ihm zu folgen. Die teilweise sehr unverblümten Antworten Cohens, der mehrmals «Klingt nach etwas, das ich sagen würde» antwortete, hätten amüsant gewirkt. Die «New York Times» bemerkte, die Geschworenen seine offensichtlich belustigt gewesen. 

Cohen gilt wegen wiederholter Lügen in seiner Vergangenheit als problematischer Zeuge. Bekannt wurde er als Trumps «Ausputzer» mit enger Beziehung und direktem Zugang zu seinem Chef, für den er juristische Scherereien abräumte. Einst sagte Cohen, er würde gar eine Kugel für Trump abfangen. 

Die Schweigegeldzahlungen an Daniels beschäftigen die US-Justiz schon seit Jahren. Cohen wurde in diesem Zusammenhang bereits 2018 schuldig gesprochen und sass unter anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe ab. Damals war Trump noch Präsident und wurde von der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich verfolgt. Der aktuelle Prozess wurde im April eröffnet.

Trump stoisch und mit grosser Entourage

Trump erschien am Dienstag in dunkelblauem Anzug und gelber Krawatte vor Gericht. Er verhielt sich während des Kreuzverhörs auffallend passiv. Statt seinem Anwalt bei dem Versuch zuzusehen, die Glaubwürdigkeit seines Widersachers zu untergraben, hatte er – wie schon bei der vorherigen Befragung Cohens durch die Staatsanwaltschaft – oft die Augen geschlossen und verhielt sich ruhig. 

Trump brachte auch wieder eine grosse Entourage von Unterstützern mit zum Prozess. Neben seinem Sohn Eric Trump und dessen Frau Lara waren auch der republikanische Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, Mike Johnson, und der rechtspopulistische Republikaner Vivek Ramaswamy dabei. Dieser gilt für die Wahl im November als möglicher Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten an Trumps Seite.

US-Repräsentantenhaus-Chef: Justiz werde «als Waffe» gegen Trump eingesetzt

US-Repräsentantenhaus-Chef Mike Johnson ist am Dienstag zum Verhandlungsort des New Yorker Prozesses gegen den früheren Präsidenten Donald Trump gekommen und hat eine Instrumentalisierung der Justiz gegen den früheren Staatschef beklagt. Das US-Justizsystem sei «als Waffe gegen Präsident Trump» eingesetzt worden, sagte der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer in Bezug auf den amtierenden US-Präsidenten Joe Biden zu Reportern. In dem historischen Prozess in New York wurde am Dienstag Trumps-Ex-Anwalt Michael Cohen von der Verteidigung befragt.

«Das System benutzt alle ihm derzeit verfügbaren Werkzeuge, um einen Präsidenten zu bestrafen und einem anderen Deckung zu verschaffen.» Johnson erschien mit mehreren anderen republikanischen Abgeordneten bei Gericht und stellte sich hinter Trump, als dieser vor Beginn der Verhandlung zu Reportern sprach. Trump tritt aller Voraussicht nach als republikanischer Kandidat bei der Präsidentschaftswahl im November gegen den demokratischen Amtsinhaber Biden an, gegen den der Rechtspopulist bei der Wahl 2020 unterlegen war.

Später gab Johnson in Bezug auf die Vorwürfe in dem Prozess in New York an, dass Trump «unschuldig» sei. «Wer dies objektiv betrachtet, kann nicht leugnen, dass das Justizsystem in unserem Land als Waffe gegen Präsident Trump eingesetzt wurde», sagte Johnson. Johnson griff auch den Schlüsselzeugen der Anklage in dem Prozess an: Trumps Ex-Anwalt Cohen sei ein Lügner «auf persönlicher Rachemission».

Wie auch in anderen westlichen Staaten sieht die US-Verfassung die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative vor. Dass der Vorsitzende einer Kongresskammer bei einem Strafprozess auftaucht und sich hinter den Angeklagten stellt, ist ein äusserst ungewöhnlicher Vorgang.

Trump lobte Johnson und andere Republikaner vor den anwesenden Reportern. Er habe viele Stellvertreter «und sie sprechen sehr schön», sagte der 77-jährige Rechtspopulist. (AFP)

Cohen ist der letzte Zeuge im Prozess

Bei dem Prozess in New York hatte zunächst der wichtige Zeuge David Pecker ausgesagt. Der ehemalige Herausgeber des Trump-nahen Klatschblatts «National Enquirer» bestätigte die Darstellung der Anklage, dass Cohen und er im Auftrag Trumps vor der US-Wahl 2016 negative Berichterstattung unterdrücken sollten, indem sie die Rechte an der Veröffentlichung der jeweiligen Geschichten kauften. Vergangene Woche trat dann Pornostar Daniels selbst in den Zeugenstand und machte eine wenig schmeichelhafte und sehr detaillierte Aussage zum angeblichen Geschlechtsverkehr mit Trump. Cohen schliesslich stellte einen direkten Bezug der Schweigegeldzahlungen zum ehemaligen Präsidenten her.

Die Staatsanwaltschaft liess wissen, dass Cohen ihr letzter Zeuge gewesen sei. Trumps Anwälte könnten bereits am Donnerstag mit dem Kreuzverhör fertig sein. Danach wäre es an der Verteidigung, entlastende Zeugen aufzurufen, bevor es zu den Schlussplädoyers kommt. Die zwölf Geschworenen müssen in der Folge eine einstimmige Entscheidung treffen. Richter Juan Merchan würde im Falle einer Verurteilung das Strafmass festlegen.

Cohens zentrale Rolle im Schweigegeldprozess

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