September 7, 2024

Meidet öffentliche Auftritte: Abdul-Malik al-Huthi auf einem Plakat.

Alle kennen Abdul-Malik al-Huthi, aber fast alle kennen ihn nur aus dem Fernsehen. Der Führer der Huthi-Rebellen im Jemen ist kein grosser Freund öffentlicher Auftritte, zu gross ist die Gefahr, von feindlichen Raketen getroffen zu werden, denn an Feinden mangelt es nicht. Seine Rebellen nehmen seit Oktober die Frachtschiffe im Roten Meer derart unter Beschuss, dass der Suezkanal 50 Prozent weniger Durchfahrten verzeichnet, und der Welthandel ins Stocken gerät. (Lesen Sie zum Thema auch die Analyse «Die Huthi sind mehr als eine seltsame Truppe – sie sind relevant».)

Die Huthi nehmen es mit allen gleichzeitig auf, so wirkt es: mit den USA, mit Israel, Grossbritannien, Saudiarabien und den Emiraten. Seit vielen Jahren befindet sich das Land im Bürgerkrieg, seit Jahren kommen und gehen die Vermittler, persönlich zu Gesicht bekommen haben sie al-Huthi (44) offenbar nie. Die Emissäre werden in geheime Häuser gebracht, dort in geheime Zimmer geführt, wo dann ein Bildschirm steht, auf dem al-Huthi erscheint.

Eigene Regierung gestürzt, Krieg gegen Saudiarabien

Seine Truppen sind eine Art religiöses Familienunternehmen. Die Huthi glauben, ihre Abstammung bis auf den Propheten Mohammed zurückführen zu können. Der Stamm der Huthi gehört zu den Zaiditen, einem Zweig der Schiiten, die im Jemen gegen ihre Unterdrückung kämpfen. Der Bruder von Abdul-Malik al-Huthi gründete die Rebellengruppe in den Neunzigerjahren, um den Präsidenten Ali Abdullah Saleh aus dem Amt zu jagen. Sie warfen ihm Korruption und Komplizenschaft mit den USA und mit Saudiarabien vor.

Ansar Allah heisst die Truppe offiziell: Helfer Gottes. Nach dem Tod des Gründers Hussein al-Huthi übernahm sein Bruder Abdul-Malik die Führung, aus einem Haufen Rebellen aus den Bergen wurde eine Art Armee mit Zehntausenden Kämpfern, die schliesslich 2014 die Regierung stürzte, bis heute Teile des Jemen kontrolliert und viele Jahre dem fast pausenlosen Bombardement einer von Saudis geführten Koalition widerstand, die sogar Tausende Söldner aus dem Sudan einfliegen liess.

Bei Huthi-Angriffen beschädigt: Der griechische Frachter Zografia in der Nähe von Ismailia, Ägypten.

Die Huthi werden mit Waffen und Militärberatern vom Iran unterstützt, sie gehören zur von Teheran erdachten «Achse des Widerstands» – genauso wie die Hizbollah in Libanon und die Hamas im Gazastreifen, dazu zählen auch Gruppen in Syrien und im Irak. Die Huthi sind die eigenständigste aller Gruppen, sie sind von den Mullahs in Teheran wohl nur schwer zu kontrollieren.

In weiten Teilen der arabischen Welt werden sie von den Regierungen verdammt oder ignoriert, aber von der Jugend bewundert, weil sie nicht nur reden, sondern den Kampf mit den ganz Grossen aufnehmen. Seit dem 19. Oktober feuern die Huthi Raketen auf Schiffe im Roten Meer und auch auf Israel, nicht immer sind sie sonderlich treffsicher, auch Ägypten wurde bereits beschossen.

Friedensplan für den Jemen ist kein Thema mehr

Kritik gab es von Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi bisher aber öffentlich nicht, obwohl dem Land bald Milliarden Dollar aus den Abgaben des Suezkanals fehlen dürften. Al-Sisi weiss, die Huthi sind zu populär dafür, dass sie kritisiert werden dürften. Es ist ein gewisser Kontrast zur Lage im Jemen, wo Abdul-Malik al-Huthi zwar immer behauptete, gegen Ungerechtigkeit und Korruption zu kämpfen, selbst dann aber ein autoritäres und korruptes Regime aufbaute in jenem Teil des Landes, den er kontrolliert.

Menschenrechtler werfen ihm zahlreiche Gewalttaten vor, die von ihm aufgestellte Verwaltung schafft es nicht, die Menschen mit Wasser und Strom zu versorgen. Die Raketen gegen Israel halten Kritiker vor allem für eine Ablenkung vom eigenen Versagen.

Noch im Dezember schien ein Friedensplan für Jemen greifbar nahe zu sein, mit den ständigen Angriffen auf Schiffe im Roten Meer ist er weniger wahrscheinlich geworden, Teile der international anerkannten Regierung in Aden fordern, den Kampf gegen die Huthi wieder verstärkt aufzunehmen. Die wiederum schiessen nach jedem Beschuss durch die USA und durch Grossbritannien wieder zurück. Immer weiterzukämpfen scheint das Einzige zu sein, was Abdul-Malik al-Huthi einfällt, er kennt und kann nichts anderes.

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