September 8, 2024

Zeitenwende in Australien: Verteidigungsminister Richard Marles (rechts) und Angehörige der Royal Australian Navy.

Die Stimmung auf Garden Island in der Hafenbucht von Sydney erinnerte am Dienstag an die frohe Erwartung vor einer weihnachtlichen Bescherung. Es würde bei dem Termin in dem Flottenstützpunkt um die neue Ausstattung der Königlichen Australischen Marine gehen – das war allen klar, die selbst gekommen waren oder die Übertragung im Live-Fernsehen verfolgten. Warum sonst hätte Verteidigungsminister Richard Marles diese grosse Medienkonferenz anberaumen sollen?

Marles begrüsste eine Gruppe stramm stehender Marinesoldaten, von denen ihn einige mit glänzenden Augen anstrahlten. Und als er wenig später mit Verteidigungsindustrieminister Pat Conroy und Marinechef Mark Hammond ans Mikrofon trat, hatte er tatsächlich reiche Gaben für die Flotte zu verkünden. Marles sprach von «einem sehr historischen Tag».

Er verkündete, die Labor-Regierung von Premierminister Anthony Albanese werde in den nächsten zehn Jahren umgerechnet etwa 6,7 Milliarden Euro in neue Kriegsschiffe stecken. Statt elf wie jetzt werde Australien bis spätestens Ende der 2040er-Jahre 26 davon besitzen und damit über «die grösste Flotte seit dem Zweiten Weltkrieg» verfügen.

Hammond lobte einen «echten Energieschub für das Verständnis der wichtigen Rolle, die die australischen Marinesoldaten im gesamten indopazifischen Raum spielen». Er fügte hinzu, nach dem neuen Plan baue man nun Australiens «grösste Überwasserkampftruppe seit Generationen – und mit der Zeit auch die tödlichste».

China will seinen Einfluss ausbauen

Die zerstörerische Gewalt einer neuen Kampfmaschinerie muss man nicht so triumphierend vor sich hertragen, wie das der Vizeadmiral Hammond getan hat. Andererseits sind die Zeiten im Indischen und Pazifischen Ozean ja tatsächlich nicht rosig. Der grosse Anrainer China arbeitet konsequent daran, seinen Einfluss in der Region auszubauen, indem er Pazifikinselstaaten mit schnellem Geld lockt. Ausserdem hat die Regierung in Peking selbst gesagt, sie würde die demokratisch regierte Insel Taiwan zur Not auch gewaltsam davon überzeugen, zu ihrem autoritären Riesenreich zu gehören.

Handfeste Auseinandersetzungen um die Handelswege der Region sind nicht auszuschliessen. Abschreckung durch ein starkes Militär ist deshalb notwendig. Hammond erinnerte an den «Hintergrund zunehmender geostrategischer Ungewissheit». Verteidigungsminister Marles sagte: «Australiens moderne Gesellschaft und Wirtschaft sind auf den Zugang zur hohen See angewiesen, die Handelsrouten für unsere Importe und Exporte und die Unterseekabel für die Daten, die unsere Verbindung zur internationalen Wirtschaft ermöglichen.»

Deshalb sei der Ausbau der Flotte nötig, der ja mit einem anderen ehrgeizigen Militärprojekt Australiens zusammenfällt: Mit den USA und Grossbritannien arbeitet Australien am Bau einer Flotte von Atom-U-Booten. Im Rahmen der trilateralen Sicherheitspartnerschaft Aukus von 2021 kann Canberra diese möglicherweise schon in den 2030er-Jahren einsetzen.

Eine tödlichere Überwasserkampfflotte

Es war also folgerichtig, dass die Regierung Albanese die Aufrüstung ihrer Marine angekündigt hat. Sie gilt als eher rücksichtsvoll und feingeistig, nicht so brachial im Ton wie ihre Vorgänger von der liberalkonservativen Koalition. Für die hatte im April 2022 der damalige Verteidigungsminister und heutige Oppositionsführer Peter Dutton gesagt: «Die einzige Weise, mit der man den Frieden bewahren kann, ist, sich auf den Krieg vorzubereiten.»

Und nun ist also dieser Plan da, der eine «Enhanced Lethality Surface Combatant Fleet» vorsieht, also frei übersetzt eine Überwasserkampfflotte, die tödlicher für den Feind ist als die vorige.

Die künftige Flotte umfasst drei modernisierte Zerstörer der Hobart-Klasse, die ein Zerstörer-Typ der australischen Marine ist, sechs Fregatten der Hunter-Klasse, dem jüngsten Fregattentyp der australischen Marine, elf neue Mehrzweckfregatten, die nach und nach die sechs verbleibenden Fregatten der Anzac-Klasse ersetzen werden, sowie sechs neue grosse Überwasserschiffe, die man bei Bedarf wie Roboterschiffe ohne Crew einsetzen kann.

Chinas Imperialismus

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